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Ausgrabungen auf
dem Castellier von Villanova am Quieto in Istrien. Von Dr. Moriz Hoernes.
[Mitiheilungen der Anthropischen Geselischaft in Wien. Bd.
XXIV. 1894, pp. 155-183, mit 98 Text-Illustrationen; & Castellier
von Villanova am Quieto in Istrien (Separatabdruck aus Band XXIV
[der neuen Folge Bank XIV] der Mitiheilungen der Anthropischen Geselischaft,
p. 155-183. ]
Die sogenannten "Castellieri" gelten in weiterem Kreise als eine
archäologische Specialität Istriens. Mit Recht kann dies, wenn man
von gewissen eigenthümlichen Elementen in der Mischung der Funde
absieht, nur von dem Namen gesagt werden, wie aus den folgenden
Darlegungen hinlänglich hervorgehen wird. Es sind mehr oder minder
steilabfallende, breitflächige, isolirte oder mit grösseren
Erhebungen verbundene, auf ihren Plateaus oder Kuppen zur Bewohnung
geeignete Hügel, die häufig von Wällen entweder umzogen oder
irgendwie abgegrenzt sind oder auch Mauerruinen tragen, und wo man
meist schon an der Oberfläche mit geringer Mühe verschiedenartige
bewegliche Funde, Ueberreste alter Besiedelung, einheimsen kann. In
Triest und
Parenzo sammelten sich solche Funde an. Director
Marchesetti (seit 1883) und Dr.
Amoroso (1885 und 1889) schrieben
über dieselben in italienischer Sprache. Auch deutsche Gelehrte, wie
Virchow (1887) und Tischler (1889), kamen nach den beiden genannten
Städten und füllten ihre Notizbücher mit Aufzeichnungen über die so
manchen besonderen Charakterzug aufweisenden Objecte. Die Literatur
der Castellieri ist nicht ausgedehnt, aber titelreich und
zersplittert; es genügt, zu sagen, dass es an umfassenden
Ausgrabungen und deragemäss an umfangreicheren Mittheilungen über
einzelne dieser Fundstätten fehlt. Die ausgebreitetste Kenntniss
derselben besitzt derzeit wohl Herr v. Marchesetti; von ihm wäre
demnach eine zusammenfassende Darstellung dieser auch im Hinterlande
von
Triest zahlreich vorhandenen alten Wohnplätze zu erwarten.
Die Anthropologische Gesellschaft in Wien hat in natürlichem
Vorrücken an die Grenzen des für prähistorische Forschungen so
ergiebigen Ostalpengebietes, im Fortschreiten auf jener
Operationslinie, die uns nach Italien, als dem Mutterlande so vieler
Formen unserer jüngeren Hallstatt-Cultur, hinweist, einen Theil
ihrer Mittel für Ausgrabungen in Istrien bestimmt. Den Anstoss dazu
gab die Publication der
Pizzughi
Funde 1889 (vgl. diese Mitth. Bd.
XIX, S [191] ff.) Auf meine Anfrage erklärte sich der Herausgeber
derselben, Dr. Andrea
Amoroso, das geistige Haupt der Società
Istriana d'archeologia e storia patria in
Parenzo, mit grosser
Liebenswürdigkeit bereit, die Durchführung unserer Arbeit zu
ermöglichen, deren Ergebniss dem k. k. naturhistorischen Hofmuseum
zugute kommen sollte. Die prähistorische Sammlung des letzteren
hatte seit der Erwerbung der Funde von Vermo, welche die kaiserliche
Akademie der Wissenschaften durch Professor Moser in
Triest
ausgraben liess (1883) und womit überhaupt erst die Aera der
prähistorischen Erforschung Istriens begann (1),
keine nennenswerthe Bereicherung aus diesem Lande erfahren.
Die Ausgrabungen unserer Gesellschaft im November 1890 und im
September 1892 beschränkten sich, abgesehen von einer kleinen
Versuchsgrabung auf dem Castellier San Martino di Torre (1892),
[156]
deren Ausbeute noch erwähnt werden soll, auf den Castellier von
Villanova bei Verteneglio im Gerichtsbezirke Buje. Diese bereits
durch zwei frühere Jahre für das Museum in
Parenzo mit Erfolg
durchforschte und nach wiederholten Besuchen Marchesetti's auch in
Triest ziemlich gut vertretene Fundstelle liegt circa 10 km
landeinwärts, nordöstlich von dem auf einer felsigen Landzunge
erbauten Hafenstädtchen Cittanova, 1.5 km östlich von dem Dörfchen
Villanova, zu dessen Flur sie gehört, und ungefähr doppelt so weit
von Verteneglio, von wo man auf einem Umwege über Villanova leicht
dahin gelangt. Von Verteneglio nach Villanova führt eine
Fahrstrasse, von dort auf den Castellier nur Fusssteige und
schlechte Karrenwege.
Der Hügel erhebt sich circa 130 m hoch, dicht über dem innersten
Winkel eines direct nach Norden gerichteten Seiteneinschnittes, aus
welchem der kleine Canale del Molino zum Quieto abfliesst. Das Ende
dieses rechtsuferigen Seitenthaies am Fusse des Castellier8 hat nur
11 m Höhe über dem nahen Meeresspiegel. Das Quietothal selbst,
dessen Mündung eine ansehnliche Bucht, den "Porto Quieto", bildet,
ist ein tiefer, gewundener Einschnitt mit steilen Wänden, der die
Strasse nach
Parenzo zu einem weiten Umwege zwingt, wie es auch bei
der projectirten Eisenbahn der Fall sein wird. Heute vollzieht sich
der Localverkehr zumeist auf der See. Von der Höhe des Castelliers
geniesst man einen gut orientirenden Ueberblick des "Stillen
Flusses" und seiner melancholischen Umgebung. Die Thalfläche ist
fast vollkommen horizontal — bei Madonna di Bastia oberhalb der
erwähnten Seitenbucht hat sie erst 8 m, bei Ponte Grande oberhalb
des k. k. Thalforstes von
Montona auch nur 13 m Seehöhe — im
Durchschnitte etwas über 1 km breit und mit tiefgrünen Sumpfwiesen
bedeckt, welche das Wasser des Hauptflusses der Halbinsel in einem
geradlinigen Canale langsam durchzieht. Die mannigfaltig vorund
zurückspringenden Felshügelwände, welche das Thal einschliessen,
sind schwach bebuscht und setzen meist in einem Winkel von circa 30°
sehr scharf gegen die Sohle ab. Den Kamm dieser Randhügel, deren
Höhe bei Villanova zwischen 80 und 180 m variirt, krönt hie und da
schütterer Wald. Jenseits derselben beginnen in gleicher Flucht die
Aecker und steinigen Hutweiden der umliegenden Ortschaften. Ab und
zu schlängelt sich ein Fusspfad trübselig von der Höhe in's Thal
hinab. In der Tiefe, wo Malaria herrscht, sieht man nur ein einziges
Haus, eine Mühle, in der guten Jahreszeit tagsüber auch wohl ein-
oder zweimal einen Ochsenkarren oder zu längerem Aufenthalte ein
paar weidende Esel. Unterhalb des "Mühlencanals" treten die Höhen
des rechten Ufers dicht an den Fluss heran, und hier liegen zwei
andere Castellieri: San Dionisio (2) (123 m) und
San Giorgio (62 m hoch), dem letzteren schräg gegenüber; in der
Luftlinie nur etwas über 3 km von ihm entfernt erhebt sich auf der
anderen, linken Thalseite der oben erwähnte Castellier San Martino
der Ortschaft Torre. Er gravitirt aber nicht mehr zum Quietothale,
von dem er durch einen kleinen Rücken geschieden ist, sondern direct
zur See, [157]
speciell zum Porto Torre, einer dicht am Fasse des Ca8telliers
endenden, sehr stillen Seitenbucht des Porto Quieto. Zweifellos hat
der letztere einst, wie heute der Canale di Leme nördlich von
Rovigno, viel tiefer in's Land hineingegriffen, so dass die
genannten alten Wohnplätze zu ihrer Zeit sämmtlich am Meere lagen (3).
Der Castellier von Villanova hat unter denselben die grösste
Oberfläche; er bildet ein nach Westnordwest gerichtetes Oblongum von
circa 500 m Länge und 250 m Breite, dessen Schmalseiten im Westen
gegen Verteneglio, im Osten gegen das erwähnte Seitenthal des Quieto
gekehrt sind. Auf der letzteren Seite ist der Abhang steil, ebenso
im Norden und Süden, wo tiefe Einrisse den Hügel scharf begrenzen.
Die westliche Schmalseite ist vom Nachbarterrain, der Hutweide von
Villanova, leichter zugänglich, und hier ist der Castellier durch
einen circa 4 m hohen, mit Gebüsch bestandenen Wall, welchen eine
(vielleicht alte) Thoröffhung durchbricht, abgeschlossen. Die nicht
umwallten Hügelkanten lassen an mehreren Stellen jene,
wahrscheinlich künstliche Applanirung erkennen, welche man so häufig
an den Rändern nur theilweise von Wällen geschützter alter Wohnhöhen
bemerkt. Mir sind so viele Beispiele dieser Erscheinung, namentlich
aus dem Binnengebiete an der oberen Adria, bekannt, dass ich gar
nicht versuchen will, sie alle aufzuzählen, weil damit doch nur ein
kleiner Theil des Vorkommens angeführt wäre. Andere Castellieri sind
bekanntlich mit einem ringsumlaufenden oder auch mit zwei bis drei
concentrischen Wällen umgeben. Manchmal ist eine mehrfache Umwallung
derart angelegt, dass sich an einen Ringwall seitlich ein
halbkreisförmiger Wall anschliesst, welchem mitunter ein zweiter
ähnlicher vorgelagert ist.
Richard F. Burton, einst englischer
Consul in
Triest und Vicepräsident der Londoner Anthropologischen
Gesellschaft, welcher zuerst im Auslande über die istrianischen
Castellieri schrieb (4) — im Inlande hat der
verdiente
Kandler schon vor vielen Jahrzehnten vergeblich auf
dieselben aufmerksam gemacht —, war der Ansicht, dass im letzteren
Falle der vom Hauptwall umschlossene Raum als Wohnoder
Zufluchtsstätte der Familien, die Nebenwälle aber zum Schutze der
Heerden gedient hätten. Er zeigt dies in einer reconstruirten
Ansicht, 1. c. Taf. 7.
Die meisten Castellieri erfreuen sich in Folge der zersetzten
organischen Substanzen, welche von der ehemaligen Besiedelung
herrühren, eines fetten, schwarzen Erdreiches und sind gut bebaut.
Dies ist auch bei dem von Villanova der Fall. Das Volk kennt die
Castellieri, auch des letzteren Umstandes wegen, sehr genau. Die
Slaven nennen sie Gradiše oder Gradac, auch wohl
Gomile. Manche werden mit dem Namen der nächsten Ortschaft und
vorgesetztem "vecchio" oder "vecchia" bezeichnet. Weil man auf
vielen derselben auch römische Gegenstände (Mauern, Münzen,
Thongefässe, Fibeln, Eisensachen) findet, hielt
Kandler sie
anfänglich alle für römische Wachtposten, wozu sie sich ja zum Theil
wirklich entwickelt haben mögen (5). Man hat auch
oft darauf hingewiesen, dass man von jedem Castellier zu einem oder
mehreren anderen gut hinübersehen könne, und an vielen Orten, wo
diese Wohnplätze gehäuft auftreten, wie in der Umgebung von
Parenzo
und Verteneglio hält die Volksmeinung zähe daran fest, dass es
Signalposten gewesen sein müssten.
Heute steht wohl ausser Zweifel, dass die ältesten Castellieri
nicht erst in Folge der römischen Occupation oder, wie Andere
annahmen, einer der letzteren vorausgegangenen gallischen
Einwanderung bezogen worden sind, sondern ihre Bewohner in einer
Zeit erhielten, die wir mit einem treffenden Ausdruck der Italiener
als äneolithisch bezeichnen [158] dürfen (6).
Damals hatte die Halbinsel eine wahrscheinlich illyrische
Bevölkerung, welche nicht über das Meer gekommen ist und sich von
Jagd, Viehzucht, einigem Ackerbau und Fischerei nährte. Das milde
Klima, der fruchtbare Boden, die geschützte Lage so vieler zu
Wohnstätten geeigneter Anhöhen muss frühzeitig eine zahlreiche
Volksmenge aus dem Ostalpenlande auf diese Halbinsel hervorgelockt
haben, and früher als andere binnenländische Stämme ist dann auch
dieser in Contact mit dem Süden getreten. Bereits 177 Jahre vor dem
Beginn unserer Aera geschah die Unterwerfung durch die Römer, aber
schon lange vor dieser Zeit besassen die Histrer importirte
griechische und italische Fabrikate.
Wenn man gegenwärtig hügelauf, hügelab durch das Innere der
Halbinsel dahinzieht, mahnt der Anblick der noch jetzt bestehenden
Ortschaften mit ihren hoch emporragenden Häuserknäueln und
Kirchthürmen an die verschollenen Castellieri. Die heutigen Orte
liegen nämlich fast alle auf mehr oder minder isolirten Hügeln;
manche, wie Buje ("la spia dell' Istria", 222 m hoch), sieht man
stundenweit vom Meere aus. Die Bewohner sind in gewisser Hinsicht
nicht zum Besten daran; sie haben weit zum trinkbaren Wasser, einen
mühsamen Weg zu ihren Feldern, und nur der allgemeine Gebrauch des
Esels als Trag- oder Zugthier mildert die Unbequemlichkeit dieser
uralten Siedelungsart. Die Ortschaften Istriens — mit Ausnahme der
Hafenplätze, für deren Lage andere Umstände massgebend waren — sind
eben nichts Anderes als jene Castellieri, welchen das längste Dasein
beschieden war. Man hat sich, einem Gebote des Culturfortschrittes
gehorchend, enge zusammengesiedelt, und so sind aus einigen Hundert
mehr oder weniger befestigten Flecken einige Dutzend kleine Städte
oder Märkte entstanden. Ausserdem herrscht in Istrien der wohl auch
berechtigte Glaube, dass man der bösen Malaria in stärker bewohnten
Orten leichter trotzen könne, als in ganz kleinen Dorfschaften.
Aus diesem Grunde ist es schwer, in allgemeinen Worten von dem
Alter und der Geschichte der Castellieri zu sprechen. Sie stammen
aus verschiedenen Zeiten und haben verschiedene Entwicklungen
durchgemacht. Am linken Ufer des Quieto, (7).
Istrien braucht deswegen nicht, wie man gemeint hat, in älterer Zeit
bevölkerter gewesen zu sein als jetzt; ehedem gab es mehr
Ansiedelungen (Amoroso [159] zählt im gegenwärtigen
Gerichtsbezirk
Parenzo nicht weniger als 37 Castellieri), die
heutigen sind aber grösser. So war es auch in anderen Ländern, nur
dass die ausgezeichnete Lage der alten Wohnplätze und die Funde,
welche man dort gemacht hat, die Erinnerung und den Namen, eines in
dem anderen, wach und frisch erhalten haben.
War Istrien auch schon vor dem Beginne unserer Zeitrechnung
äusserlich romanisirt und seit 12 v. Chr. bis zur
Arsa bei
Albona
Italien einverleibt, so war doch nur seine Italien zugekehrte
Stirnseite (die Ostküste von der Arsa aufwärts bleibt
bezeichnenderweise von Italien ausgeschlossen und gehört, wie wohl
schon früher, zu dem rauheren, inselreichen Liburnien) den alten
Verhältnissen entrissen und zu einem classischen Küstenstrich
umgeprägt. Gab es doch noch im I. Jahrhundert n. Chr. Leute, welche
den Quietò (Ningus) (8) für einen Mündungsarm der
Donau hielten (Mela, II, 63) (9). Bedeutung hatten
nur Pola und Tergeste,
Auf die Westküste und was man dort aus dem Inneren der Halbinsel
aufstapelte, beziehen sich denn auch die Lobsprüche, welche Istrien
im Alterthum zutheil wurden. Vorzügliche Qualitäten liefert es in
Wolle, Wein und Oel (Plin.). Cassiodorus (Var. XII, 22) nennt
Istrien mit drei Quellen des Wohlstandes (mit Oel, Korn und Wein)
begabt, die Fruchtkammer Ravennas
— wie später Venedigs und heute
Triests —, einen lichtvollen und köstlichen Aufenthalt, dem ein
wunderbar mildes Klima beschieden sei. Hier, sagt er, glättet sich
das Meer in friedlichen Buchten, wie an den gepriesenen Küsten
Neapels. Bunte Seemuscheln, leckere Austern und Fische bilden den
Reichthum dieser Buchten. Auf den Hügeln und am Ufer liegen Paläste
und Villen anmuthig verstreut, wie Perlen auf einem schönen
Frauenkopfe. Er lobt noch die Inseln, die Häfen, die allgemeine
Weltlage, kurz Alles, was ein Rhetor und königlicher Secretar an der
braven Lieferantin der Residenz seines Herrn lobenswürdig finden
kann.
Es ist in antik classischem Geschmack, mit einem Lande in Verkehr
zu stehen, ohne es zu kennen; aber auch in unserer Zeit weichen
Reisende, wie J. G. Kohl, der die Halbinsel treffend einem nach
Westen umgestossenen Fruchtkorbe vergleicht, dem Inneren Istriens
aus, abgeschreckt durch die Bescheidenheit der Istrianer selbst,
welche (wenigstens dem eben Genannten) freimüthig gestanden: "tutto
l'interiore della nostra Istria e brutta". (10).
Natürlich erinnert es aber auch nicht an die Schattenseite der
antiken Ueberlieferung, welche die Istrer als Seeräuber brandmarkt.
Wohl aber kann man sich an einzelne Züge gemahnt finden, welche
anlässlich der Unterwerfung durch die Römer zur Aufzeichnung
gelangten (11).
Die Histrer wurden zum ersten Male mit Krieg überzogen, weil sie
römische Schiffe geplündert hatten, welche Getreide führten (Eutrop.
III, 7). Der Krieg war für die Römer verlustreich (Oros. IV, 15),
endete aber mit der Unterwerfung des Halbinselvolkes. Dieses wurde
tributpflichtig, scheint jedoch keine Abgaben entrichtet und in
Folge des zweiten [160] punischen Krieges seine
Abhängigkeit völlig aus den Augen verloren zu haben. Ein Streitpunkt
war dann (183) die Gründung der Colonie
Aquileja, welche die Histrer
nicht dulden wollten (Liv. XL, 26, 2); doch brachen die Römer diesen
Widerstand, wohl durch Zurückdrängen der nächsten lästigen
Nachbarbewohner. Natürlich konnte der blosse Bestand jenes Platzes
die Ruhe nicht sichern; er führte wohl eher zu den folgenden
Kämpfen. 178 rückte ein Consul bis
Triest und schlug dort ein Lager.
Dieses wurde von den Histrern überrumpelt und genommen, durch ganz
Italien verbreitete sich der Schrecken dieser Nachricht. Der andere
Consul wurde mit einem zweiten Heere nach Istrien gesendet.
Inzwischen hatten sich die Feinde nach Barbarenart zerstreut — sie
waren einfach nach Hause gegangen — und die ConsuIn bezogen ihr
Winterlager bei
Aquileja. 177 drangen sie auf der Halbinsel bis
Nesactium, wahrscheinlich der Hauptstadt des Landes, vor und
belagerten diesen Ort im Süden desselben unfern der liburnischen
Grenze. Es muss ihnen leicht geworden sein, so weit vorzudringen,
und ihrem Nachfolger L. Claudius blieb nur die Beendigung des
Krieges und der Triumph in Rom. Aus Livius (XLI, 1 ff.), dem wir den
Bericht über diesen Feldzug verdanken (12),
erfahren wir auch Einiges über den politischen Zustand des Landes
zur Zeit desselben.
Es gab damals einen Erbkönig der Histrer. Es war dies ein junger,
erst kürzlich zur Herrschaft gekommener Fürst, zu dessen Vaters
Zeiten das Volk in Frieden gelebt hatte, der aber jetzt kriegerische
Bahnen einschlug und dadurch die Begeisterung der Jugend wachrief.
Unter dem König standen "principes" (Häupter grosser Familien), die
ihm Heerfolge leisteten. Ihre Gaue und Grossfamilien heissen bei dem
Römer "civitates" und "populi", welche nach dem Siege Roms
ausnahmslos zur Stellung von Geissein herangezogen werden und damit
ihre Treue verbürgen, während das Königreich erlischt. Dass dadurch
nicht mit einem Schlage völlige Ruhe eintrat, sondern noch Klagen
über Belästigungen
Aquilejas durch die "feindlichen" Histrer laut
werden, versteht sich fast von selbst.
An die Seite dieser, wie fast immer, nur
spärlichen und gleichsam erst die letzten Athemzüge staatlicher
Selbstständigkeit des fremden Volkes berücksichtigenden
Mittheilungen tritt nun das Ergebniss der Ausgrabungen an alten
Wohnplätzen und zeigt uns viel Aelteres, aber gewiss auch
Gleichzeitiges und manches Spätere, so dass wir hier wenigstens
nicht von einem Hinabsteigen in rein prähistorische Schichten
sprechen können. Nichts hindert uns, anzunehmen, dass die Bewohner
des Castelliers von Villanova, für welche der Unterlauf des Quieto
sicher nur die Bedeutung eines besonders geschützten Hafens und
Piratenschlupfwinkels besass, an den Ueberfällen auf fremde
Kauffahrteischiffe theilgenommen haben, dass sie später, dem
Aufgebote ihres Gaufürsten folgend, sich dem Heere des jungen
Erbköniges anschlössen, dass sie beim Sturm auf das Lager bei
Tergeste nicht fehlten, dann den Winter über in verhängnissvoller
Unthätigkeit zu Hause sassen und erst wieder aufbrachen, als der Ruf
zum Entsätze der bedrängten Hauptstadt die waffenfähige Mannschaft
nach Nesactium führte. Nach dem Fehlschlagen des Befreiungskampfes
muss dieser an der Westküste gelegene Gau rasch romanisirt worden
sein.
Die Funde auf dem Castellier von Villanova gehören vorwiegend
jüngeren Perioden an. Die Zeit der frühesten Höhenbesiedelung
(Stein- und Bronzezeit) ist kaum kenntlich vertreten. Dagegen
besitzen wir in grösserer Zahl neben vielem schwer bestimmbaren
Materiale Typen aus der Hallstatt- und La Tène-Periode und endlich
Gegenstände aus der Zeit der römischen Herrschaft. So berühren sich
hier Vorgeschichtliches und Geschichtliches beinahe enger als
anderwärts; sie verschränken sich theilweise mit einander.
Die während der Ausgrabung gemachten Beobachtungen lassen sich
kurz zusammenfassen. Der Erdmantel, den das Felsgerüst des Hügels
trägt, ist von sehr ungleicher Stärke und auf der Höhe der
Hügelkuppe besonders schwach. Wiewohl in demselben fast überall
Funde angetroffen werden, konnte doch nicht an eine vollständige
Abgrabung gedacht werden. Bei der grossen Ausdehnung des Objectes
musste es genügen, zunächst im Anschlusse an die älteren, von Herrn
Cappellari aus Verteneglio (derzeit in
Fiume) für das
Provinzialmuseum in
Parenzo veranstalteten, ziemlich umfangreichen
Bodenuntersuchungen, mehrere Stellen anzugraben und, je nach ihrer
Ergiebigkeit, weiter zu verfolgen oder aufzugeben.
[161]
So wurde der
Reihe nach eine grosse Zahl von Schürfen angelegt, von welchen kein
Theil des Hügels unberührt blieb. Der Castellier von Villanova
gleicht, wie schon geschildert wurde, einer länglich viereckigen
Truhe mit gewölbtem Deckel und schrägen Seitenflächen. Wo jener auf
dem Rande der letzteren aufruht, waren die. Grabungen theilweise am
ergiebigsten, weil hier durch Herabschwemmung von der Kuppe tiefere
Erdschichten entstanden sind und weil ebenda an den Rändern auch die
Gräber angelegt waren.
Im Schutte, den die Arbeiten Cappellari's zurückgelassen, wurde
noch manches bessere Fundstück aufgelesen. Seine Ausbeute, die bei
dem Umstände, dass auch er nur wenige Gräber gefunden hat, eine
beträchtliche genannt werden muss, wird von Herrn Dr.
Amoroso publicirt werden, und ich sah schon vor zwei Jahren die hiezu
bestimmten vortrefflichen Tafelzeichnungen (13).
Indessen weiss ich nicht, wann dieser Bericht erscheinen wird, und
gebe daher nach meinen im Museum zu
Parenzo angefertigten Skizzen
einen Ueberblick der bemerkenswert hasten Fundstücke von dieser
Localität.
- Hirschhorn und Knochen: Hirschhornhämmer mit querem
Stielloche und abgenützter Schneide, ein Stück mit angefangener
Bohrung; Geweihzapfen, beiderseits abgeschnitten und am oberen
Ende eingebohrt; hohles Hirschhornwerkzeug, an der Spitze stark
abgenützt, am anderen Ende zugeschnitzt und zweimal, wie für
Nägel oder Schnüre, durchbohrt; plumpe Knochen - Nähnadeln mit
Oehr.
- Metall: Bleiknöpfe (Nadelköpfe) von circa 2.5 cm
Durchmesser, in Gestalt dicker Scheibchen mit kurzer,
cylindrischer Dülle; oben ein Centralbuckel, umher
Reliefverzierung, Ranken und ein Punktkreis (vgl. Soranzo, Scavi
Nazari di Este, Taf. II, Fig. 4). — Bronzen: Bruchstücke von
Situlen, Brillenspiralfibeln, ein Schmuckstück aus 4
Spiraldisken (oben 3, unten 1, der Stiel mit Spiralrolle
umwunden); viele Blechbänder mit gravirter Mäanderverzierung
(ähnlich:
Amoroso, Necr. preist dei
Pizzughi, Taf. VIII, Fig.
4, und Taf. X); Ohrringe mit Schliesshaken und gravirtem
Fischgrätenmuster; Nadeln mit Knauf (Schmucknadeln, 2 Stück, wie
1. c., Taf. VII, Fig. 10) oder Oehr (Nähnadeln); ein gegossener
Fingerring, circa 3 cm Durchmesser, von dreieckigem Querschnitt
mit gravirter, gestrichelter Dreiecksverzierung an beiden
Rändern; ein Meisselchen mit nagelkopfförmigem Ende.
- Thon: Bauchiges Gefäss ohne Hals mit Tupfenleiste als
Mundsaum (Form wie 1. c., Taf. II, Fig. 3, 4, 7); auf der
Schulter (wie 1. c. 3 und 4, Reliefspiralen, "corrimi dietro")
eine Reihe von sechs Thierfiguren (Pferde mit Zackenmähne) en
relief. — Aehnliches Gefäss mit Relief-Wellenlinien auf der
Schulter. — Bauchige Halsurne, klein; vom breiten Mundsaum zur
Schulter läuft ein Henke), dessen Scheitel eine näpfchenförmige
Daumen-Auflageplatte trägt (ähnliche Platten auf den Henkeln
importirter bemalter Drehscheibengefässe aus
Vermo: Moser, VII.
Bericht d. prähist. Comm. d. kais. Akad. d. Wissensch., Taf.
III, Fig. 2). — Weitbauchige Halsurne mit eingestochener
Kreisverzierung auf dem breiten Mundsaum und der Basis des
Halses; Schulterverzierung aus gestrichelten Doppellinien
(ähnliches Motiv wie
Amoroso,- 1. c., Taf. IV, Fig. 1 und 3). —
Schlanke Halsurne mit Henkel an der Schulter und
Schulterverzierung durch Graffito-Wellenband aus gestrichelter
Doppellinie. — Kleinere Halsurne mit Schulterhenkel und Schulter
Verzierung aus mehrfachen gewellten Zickzacklinien (ähnlich 1.
c., Fig. 6). — Rothe Situla mit kurzem Halse und plumper, hoher,
schwarz nachgezogener Wellenfurche (locale Nachahmung eines
venetischen Typus mit einheimischem Decorationsmotiv) (14)
— Bruchstücke eines bauchigen Töpfchens mit schräger
Strichverzierung an der Schulter und einem die Halskehle
überspannenden kurzen Henkel, dann von mehreren Schalen mit
eigenthümlichem Henkelansatze: 2 runden Plättchen, die durch
einen undurchbohrten Steg verbunden sind (Metallnachahmung);
gehörnter Widderkopf (Thongefässansatz); Kuhköpfe mit
gabelförmig abstehenden Hörnern (Henkelansätze); einige
merkwürdige Henkel: kurze, die Halskehle überspannende mit
horizontaler Durchbohrung; dicke, längliche mit gerandeter
[162] Durchbohrung und Platte zum Daumenauflegen;
hohe, ohrenförmige Schalenhenkel mit radialem (nicht, wie bei
der ansa lunata, peripherischem), krummem Grat u. dgl.; endlich
ein Thondeckel, flach, kreisrund, circa 11 cm Durchmesser, im
Tremolirstiche verziert: im Centrum ein Hakenkreuz, umher eine
Zone liegender S-förmiger Doppellinien, wellenbandartig
aneinandergereiht (zerlegte "Spirali corrimi dietro").
Aus dem Angeführten ergibt sich, dass Cappellari eine Reihe von
Gräbern aufgedeckt haben muss, die genau der Zeitstufe der
Pizzughi-Nekropolen angehört haben. Als diese Gräber erschöpft waren
und zahlreiche weitere Versuche, die der Genannte an verschiedenen
Stellen des Hügels unternahm, nicht mehr zur Auffindung dieser
Schichte führten, gab er die Grabungen auf. In den Bruchstücken
spärlichen Hausrathes, welche die anderen Schichten durchziehen,
erblickte er kein Aequivalent für seine mit grosser Energie
durchgeführten Arbeiten. Cappellari hat übrigens auch an anderen
Punkten der Umgebung von Verteneglio gegraben und gesammelt und
einen Theil seiner Funde in dankenswerther Weise der prähistorischen
Sammlung des Hofmuseums zum Geschenke gemacht.
Es gelang mir nicht, Gräber der Pizzughistufe in grösserer Zahl
und namentlich solche mit typischen Beigaben aufzufinden. 1890
wurden am Südostrande des Hügels in der Nähe der Grabungen
Cappellari's noch einige mit Leichenbrand gefüllte, plumpe Töpfe und
1892 ungefähr in der Mitte des Nordrandes folgende vier Gräber
angetroffen:
- Urne mit Leichenbrand und einer verbogenen Bronzenadel mit
breitgeschlagenem, zurückgerolltem Ende (9.1 cm lang), darüber
zwei Kalksteinplatten;
- Leichenbrand in der blossen Erde, darüber eine kleine
Kalksteinplatte;
- Urne mit Leichenbrand und Kalksteinplatte;
- Schüssel mit Leichenbrand, eine Henkelschale als Beigefäss;
Kalksteinplatte.
Die Gräber lagen 0.50 m tief in einem Terrain, das starke
Aschenschichten mit Thierknochen und Vasenscherben enthielt.
Ausserdem wurde 1890 ganz isolirt noch ein kleines Brandgrab
angetroffen, welches ausser calcinirten menschlichen Schädel- und
anderen Knochenresten eine dickwandige, kleine Thonschale von 4 5 cm
Höhe und 11 cm Durchmesser und eine 24.5 cm lange, eiserne
Dolchklinge enthielt.
An der südlichen Abdachung der Hügelkuppe wurden Ruinen aus
römischer Zeit entdeckt. Es fanden sich da Massen von Dachziegeln,
Mörtelstücken, dann Amphorafragmenten, flache, kreisrunde
Gefässdeckel aus lichtgelbem oder röthlichem Thon mit kleinen
Knäufen, viele durchbohrte, rothe und gelbe Thonkugeln, ein
bronzener Spiegelgriff, das Zierstück (Fig. 210) u. A.
Ungefähr in der Längsachse des Hügels liegen unfern des
Walldurchbruches mehrere tumulusartige Bodenwölbungen, die sich als
Schuttanhäufungen aus römischer Zeit erwiesen. Hier fand sich das
Amphorabruchstück (Fig. 220) mit zwei Stempelinschriften (Fig. 221
und 222) auf dem Rande. KANI auf der einen Seite ist deutlich zu
lesen; auf der anderen Seite steht die Inschrift auf dem Kopfe. Dr.
J. W. Kubitschek, der die Güte hatte, das Stück zu prüfen, las
PHILIP (I und P durch zwei Querrisse beschädigt), zusammen Kani(us)
Philip(pus). Auch ausserhalb des Walles liegen im Nachbarterrain
einige solche runde Bodenerhebungen, die aber nicht untersucht
wurden. Tumuli befinden sich auch auf dem oben erwähnten
naheliegenden Ca8telliere von Sto. Spirito. Die istrischen Tumuli
sind noch wenig erforscht, aber nach den bisherigen Erfahrungen auch
wenig einladend. Sie liegen theils einzeln auf den Gipfeln von
Anhöhen, theils in grösseren oder kleineren Gruppen beisammen, so in
den Umgebungen von Villa di Rovigno,
Valle, Sembie etc. Die meisten
sind klein, einige aber so kolossal, dass man Capellen auf ihnen
errichten konnte, wie auf dem Tumulus San Marco bei
Capodistria und
auf einem bei Villa di Rovigno. Der unermüdliche
Marchesetti hat
auch diese Fundstätten bisher am besten kennen gelernt und bezeugt
(Scavi di Sta. Lucia 1885-1892, S. 178 f.), dass sie ausschliesslich
Skelette, zuweilen in Steinkisten, enthalten. Wenn Beigabenreste
vorhanden sind, bestehen sie in Bruchstückchen grober Thongefässe
mit Fingereindrücken. Ein einziger Tumulus enthielt ein
Bronzeringelchen. In Folge dieser Armuth werden wir wohl noch lange
auf eine umfassende, systematische Erschliessung dieser Gräber
warten müssen. Nach dem Bestattungsritus scheinen sie älter zu sein
als die Brandflachgräber Istriens und gehören vielleicht derselben
Bevölkerung an, welche auch an den Küsten Dalmatiens und in der
Hercegovina ihre unverbrannten Todten in zum Theile kolossalen, aber
beigabenlosen Steinhügeln niederlegte. [163]
Verzeichniss der Funde.
- Stein.
- Knochen.
- Hirschhorn.
- Bronze:
- Fibeln;
- Nadeln;
- Nägel und Nieten;
- Fischangeln;
- kleine Werkzeuge;
- Ringe;
- Anhängsel u. dg].;
- Verschiedenes;
- Ueberreste von Bronzegefässen;
- Belege für Fabrikation von Bronzearbeiten.
- Eisen.
- Blei, Glas und Email.
- Thon:
- Verschiedenes;
- Gefässe.
- (Grobes Gebrauchsgeschirr.:
- Töpfe.
- Schüsseln.
- Schalen.
- Pfannen.
- Verschiedenes.
- Feineres Thongeschirr.
- Unverziert.
- Mit vertieften Ornamenten.
- Mit Reliefornament.
- Grabgefässe.
- Aüdostrand, 1890.
- Nordrand, Mitte 1892)
- Münzen:
- vorrömische,
- römische.
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Fig. 125-134. Schnitzarbeiten in Hirschhorn und
Knochen.
Fig. 125-131. Werkzeuge aus Hirschhorn. — Fig.
132. Knochennadel. — Fig. 133. Röhrenknochen, als Griff(?)
zugerichtet. — Fig. 134. Geschnitztes Beinstück. |
- Stein. Hornsteinspan, auf drei Seiten bearbeitet, 2.2 cm
lang (Fig. 217). — Ein Schlagstück und
zwei kleine unbearbeitete Spähe von Hornstein.— Splitter von der
Schneide eines polirten Flachbeiles aus grünem Stein, 1.7 cm
lang. — 19 Quetsch- und Reibsteine. — Ovale Mahlsteinplatte, 28
cm lang.
- Knochen. Nadel mit Oehr, 6.5 cm lang (Fig. 132). —
Desgleichen ohne Oehr, oben abgebrochen, 5.5 cm lang. — Desgleichen, ebenso, 4.7 cm lang. — Spatel aus einem
Röhrenknochen, 11.5 cm lang. — Desgleichen mit abgebrochener
Spitze, 10.6 cm lang. — Dünner Röhrenknochen, an einem Ende
abgeschnitten und (als Griff?) ausgehöhlt, 9 cm lang (Fig. 133).
— Zierstück (Endbesatz) mit geschnitztem Zickzack-Doppelband, 3
cm lang (Fig. 134). [164]
- Hirschhorn. Geweihende, als Griff ausgehöhlt, 9.5 cm lang. —
Desgleichen an beiden Enden ausgehöhlt, 8 cm lang. — Unfertiger
Griff, 11 cm lang. — 2 röhrenförmig längs durchbohrte
Geweihstücke, 12 und 15 cm lang. — Desgleichen mit angefangener
Bohrung, 8 cm lang. — 5 Geweihenden zum Aufstecken an Stäbe,
unten tief ausgebohrt, 8.5—17 cm lang. — 3 ebensolche mit
angefangener Ausbohrung, 10.5—17 cm lang. — 2 abgebrochene
spitze Enden, 3.5 und 6 cm lang. — 25 abgeschnittene oder
abgebrochene, zum Theile verschieden bearbeitete Geweihenden und
Zacken. — 10 grössere Stücke bearbeitetes (zugeschnittenes oder
ausgehöhltes) Hirschgeweih. — 44 ebensolche kleinere Stücke, zum
Theile Fragmente von Werkzeugen. — 7 Bruchstücke von
hohlkeltartigen Werkzeugen. — 13 fertige, hohlkeltartige
Werkzeuge, 7—14.5 cm lang (Fig. 125-131)
Die letztgenannten Hirschhornwerkzeuge bilden vielleicht die
interessanteste Gruppe unter den Funden von diesem Castellier.
Ueberhaupt höchst selten, sind sie noch nirgends so zahlreich
vorgekommen wie hier. Das Museum zu
Parenzo besitzt eine Reihe
derselben aus Villanova und eine zweite von den
Pizzughi
(wahrscheinlich von den Castellieren und nicht aus den Gräbern), das
Museum in
Triest
ganz gleiche vom Castellier von Cattinara und aus
der Ansiedelung von
Vermo. Ausserdem kenne ich nur noch ein Stück
aus Lengyel (Wosinsky, Taf. XXVII, Fig. 203), dort für den "Stiel
eines Werkzeuges" erkläit (was entschuldbar erscheint, da die bei
ganzen Stücken stets stark abgenützte Schneide hier defect ist), und
ein zweites vom Debelobrdo bei Sobunar-Sarajevo in Bosnien (Glasnik,
VI, 1894, S. 116, Fig. 7), beide aus umwallten Wohnstätten, die
ausserdem noch manches Andere sowohl untereinander als auch mit
istrischen Castellieren gemein haben (z. B. die Bildung geradliniger
Ornamente aus zusammengestellten gekerbten Reliefleisten; vgl.
Lengyel, Taf. X, Fig. 48, mit Glasnik, 1. c., S. 126 [Taf. II], Fig.
8, aber auch mit Lioy, le abitaz. lac. di Fimon, Mem. Ist. Venet.
XIX, 1876, Taf. XIV, Fig. 123), wie denn die Höhlen, Pfahlbauten und
Terramaren im östlichen Oberitalien das reichste Material zur
Vergleichung mit unseren Funden aus Istrien, Bosnien, Hercegovina
und Südungarn liefern.
- Bronze,
- Fibeln: Bruchstücke einer Brillenspiralfibel mit
8-förmiger Mittelschleife (15).
— 1 Certosafibel, 6.5 cm lang (Fig. 199). —
12 Bruchstücke von Certosafibeln, bis 7.5 cm lang (16). — 2 Bruchstücke von Blechbandfibeln (ad arco
laminare) mit Kopfscheibe (ohne Kopfschleife), langem Fuss und
Schlussknopf (vgl. Vermo, Moser, Taf. V, Fig. 14 a, St. Daniel am
Karst, Marchesetti, Boll. scienz. nat., IV, Taf. II, Fig. 12). —
Bruchstücke unbestimmter Fibeln mit langem Fuss und Schlussknopf. —
1 Mittel-La Tène-Fibel, an Kopf und Fuss verstümmelt, 4.5 cm lang
(vgl. Vermo, Marchesetti, 1. c., VIII, Taf. III, Fig. 20). — 4
Spät-La Tène-Fibeln mit bandförmigem, längsgefurchtem Bügel
(Bruchstücke, sämmtlich ohne Fuss, letzterer wie bei Fig. 200 und
201 (17). — 2 Bruchstücke ebensolcher Fibeln mit gravirtem,
dreieckigem, zu verzierten Platten sich erweiterndem Bügel (18), 4.2
und 5.9 cm lang (Fig. 205 und 206). — 1 Bügelfragment wie Fig. 205.
— Ebensolche Fibel mit dreieckigem, längspunktirtem Bügel und
vollem, durchlochtem Nadelhalterblatte, 5.5 cm lang. — Ebensolche
Fibel mit dünnerem, dreikantigem Bügel, vollem, durchlochtem
Nadelhalterblatte und kleinem Schlussknöpfchen, 7.7 cm lang (Fig.
201) (vgl. Glasnik, V, S. 295, Fig. 7, aus Jezerine). — Gleiche
Fibel, 4.7 cm [165]
lang. — Gleiche Fibel mit
etwas höherem Fuss und stabrundem Bügel, defect, 7 cm lang
(Fig. 200). — Mehreie Fuss- und Kopffragmente ebensolcher
Fibeln. — 3 Bruchstücke von Tischler's "Vorläufer der
Flügelfibel" (Gurina, S. 25 f. und VI, 5) ohne Haken, 31—5.5
cm lang (das grösste Fig. 204). — 2 Spät-La Tène-Fibeln mit
vertical verbreitertem Bügel und kleinem Kamm am vorderen
Ende derselben, die grössere 5 cm lang (Fig. 203).
- Nadeln: 2 Doppelnadeln, 11 und 12.5 cm
lang (Fig. 207) (19). — 6 Nähnadeln, 4kleinere,7-9.3 cm lang, 2
grössere (eine der letzteren Fig. 208). — 1 Schmucknadel mit leicht
säbelförmig gekrümmter Spitze, schwach verdicktem, feingravirtem
Halse und kleinem, hütchenförmigem Kopfe, 11 cm lang. — Dicke Nadel
mit bikonischem Kopfe, 6.9 cm lang. — Nadel mit kaum merklich
abgesetztem Köpfchen, 93 cm lang. — Nadelfragment mit etwas
geschwelltem Halse und kleinem, hütchenförmigem Kopf, 5.5 cm lang. —
Bruchstück einer eisernen Nadel mit mehreren, nach oben zu grösser
werdenden, durch Rillen getrennten bronzenen Knöpfen, 4.4 cm lang
(Pizzughiform, vgl.
Amoroso, Taf. VII, Fig. 9) (20). —
Schönprofilirter, bronzener Vorstecker einer eisernen Schmucknadel,
45 cm lang. — Viele Nadeln mit einfachen oder abgebrochenen Köpfen.
— Bruchstück mit scheibenförmigem Kopf, 21 cm Durchmesser; darunter
ein profilirter Knopf, 6 cm lang. — Nadel mit scheibenförmigem Kopf,
1.5 cm Durchmesser; dicht darunter ein quadratischer Knopf mit
scharfen Spitzen, 7.1 cm lang (Fig. 209, Pizzughiform, vgl.
Amoroso,
Taf. VII, Fig. 10).
- Nägel und Nieten: 2 ganze Nägel mit
flachen Köpfen, 8 cm lang, der eine feiner (stabrund und
nadelähnlich), der andere roh und vierkantig. — 5 Bruchstücke
vierkantiger, flachköpfiger Nägel. — 2 Nieten mit hütchenförmigen Köpfen, 3 und
3.2 cm lang. — Mehrere Niet- oder Nagelköpfe.
- Fischangeln: 7 Stück mit Widerhaken und
breitgeschlagenem oberen Ende, 3.6—4.6 cm lang (Fig. 215). — 1
Doppelhaken mit breitgeschlagenem Stielende, 4.7 cm lang (Fig. 216).
- Kleine Werkzeuge: Spatelfragment, 6.1 cm lang. — Bruchstück
eines Häkchens (?) mit offener, 3 cm langer Dülle.
-
Ringe: Bruchstück eines dünnen,
schraubenförmig gedrehten Halsringes, 6.7 cm lang (21). — Bruchstück
eines dünnen, stabrunden, offenen Armringes mit 2 Strichreihen an
den Enden, 4.7 cm lang. — Ringförmig gebogener Bronzedraht, mit
einer feinen Spiraldrahtrolle umwunden (Armring?). —- Bruchstück
eines ebensolchen Ringes. — Bandförmiger Ohrring mit Häkchen und
Oehr, darauf ein flüchtig eingravirtes Fischgrätenmuster, 4 cm
Durchmesser (Fig. 211, Pizzughiform, vgl.
Amoroso, Taf. IX, Fig. 6).
— Aehnlicher Ohrring, geknickt (Fig. 212). — Dicker, gegossener
Ring, kantig, von viereckigem Durchschnitt, aussen gekerbt, 2.7 cm
Durchmesser. — 2 dünne, geschlossene Fingerringe, 2.3 cm
Durchmesser. — 3 geschlossene Ringe, 2—2.5 cm Durchmesser. — Viele
offene Ringelchen aus Draht und schmalem Blechband, von
verschiedenen Dimensionen. — 8-förmiges La Tène-Kettenglied,
gegossen, 2.3 cm lang.
- Anhängsel (u. dgl.),
brillenspiralförmig, 2.4 cm lang (Fig. 214). — Dreieckig mit grossem
Ring, Würfelaugen und drei Löchern an der Basis, 4.6 cm lang (Fig.
213, Pizzughiform,
Amoroso, Taf. VII, Fig. 19 und 20). —
Durchbrochenes Anhängsel, 3 Ringe an der Basis, einer oben, durch
drei Stege verbunden, 1.7 cm lang (vgl.
Marchesetti, Scavi di Sta.
Lucia 1885-1892, Taf. XXIV, Fig. 20). — 4 buckeiförmige Knöpfe mit
kleinen Oesen im convexen Centrum, 1.3—2 cm Durchmesser
(Pizzughiform,
Amoroso, Taf. IX, Fig. 16,
auch aus
Vermo,
Marchesetti, Boll. Soc. Adr. 1883, Taf. IV, Fig. 16 und 17).
-
Verschiedenes: Gekerbter Stiel
(Fragment) mit zwei schwanenhalsförmig gebogenen, in Oesen
auslaufenden Enden, 4.5 cm lang (Fig. 210). — Römischer
Spiegelgriff, halbmondförmig mit geschweift dreieckigem Stiel, 3.1
cm lang, 6.5 cm breit. — Römische Glocke, pyramidenförmig, mit vier
Eckvorsprüngen und Ring, 4.7 cm hoch, 3.5 cm breit (eine
[166]
ebensolche aus
Vermo [Ansiedelung] bei
Marchesetti, Boll. Soc.
Adr. 1883, Taf. V, Fig. 7). — Gegossenes Beschlagplättchen, rundlich
mit fünf Löchern und Verzierungen durch kleine eingeschlagene
Kreise, 2 5 cm lang. — Gegossenes, buckelförmiges Beschlagstück mit
concentrischer Kreislinie und zwei seitlichen Oesen, 4.3 cm lang. —
Ebensolches tutulusförmiges Beschlagstück, 4.6 cm lang. —
Unterschenkel und Fuss einer Statuette mit sehr gewissenhaft
ausgeführter Fussbekleidung, auch sonst gute Arbeit, 4 cm lang (Fig.
219).
- Ueberreste von Bronzegefassen: Bruchstück eines
Siebschälchens, 3.7 cm Durchmesser (22). — Fragment eines
vierkantigen Eimer-Tragreifens. — Ringöse vom Tragreifen-Ansatz
eines Bronzegefässes. — Mehrere Nietstellen von Bronzeblechgefässen.
- Belege für Fabrikation von Bronzearbeiten: Metallfragment aus
den Canälen einer Gussform, 2 cm lang. — Zahlreiche Blechabschnitzel
von verschiedener Grösse und zerhackte oder angehackte, dickere
Metallstücke, kleine Gussklumpen u. dgl.
- Eisen. Dolch- oder Lanzenspitze, flach
schilfblattförmig, mit kurzer, flacher (am Ende abgebrochener)
Schaftzunge, 24 5 cm lang (aus einem Brandgrabe ohne Urne, neben
einem dickwandigen, flachen Thonschälchen, siehe oben. — Fragment
einer Lanzenspitze mit Grat, 8.8 cm lang. — 2 Bruchstücke von
kleinen Lanzenspitzen mit Düllen. — 2 Pfeilspitzen mit Düllen, die
eine blattförmig, 71 cm lang, die andere dreieckig mit Widerhaken,
6.5 cm lang (defect). — Bruchstück einer Säge, 5 cm lang, 28 cm
breit, mit Eisenniete für den (hölzernen oder hörnernen) Rücken und
0.5 cm langen, schrägen Zähnen (dazu gehörte etwa ein Stiel, wie
Lengyel, Wosinsky, Taf. XL, Fig. 313). — Bügel mit Nietlöchern für
den Tragreifen eines Gefässes. — 14 kurze Nägel mit breiten,
hütchenförmigen Köpfen, auf der Unterseite der letzteren meist ein
Kreuz mit vier Punkten en relief (vgl. Meyer, Gurina, S. 56). — 12
lange Nägel mit flachen Köpfen. — Klammern, Düllen, Bruchstücke u.
dgl. — 1 Stilusfragment, 5.7 cm lang. — 1 Fingerring, ganz (nur die
Pasta fehlt), 21 cm Durchmesser. — 3 Bruchstücke ebensolcher Ringe,
an einem noch ein Stück der dunkelgelben, ovalen Glaspasta.
- Blei, Glas und Email. Deformirte
Bleiperle, 1.1 cm Durchmesser. — 2 kleine Stücke geschmolzenes Blei.
— 2 Bruchstücke von dicken Glasgefässen. — Bruchstück einer grossen gelben Schmelzperle mit etwas
vorspringenden weissblauen Augen. — 8 winzige Perlen, blaugrün,
dunkelblau mit weissen Emailringelchen, gelb. — Halbe, spitze und
flache, längsdurchbohrte Perle. (Hier sei erwähnt, dass Director v.
Marche-setti, welcher 1892 zugleich mit mir den Castellier von
Villanova besuchte, daselbst, ganz an der Oberfläche, in der Nähe
des Nordrandes, das Bruchstück eines profilirten gläsernen La
Tène-Armringes fand, auf dessen Innenseite ein gelber Emailstreifen
aufgetragen war, der durch das farblose Glas hindurchschimmern
sollte. Ein ganz gleiches Ringbruchstück fand ich auf der Gurina.
Ein drittes stammt aus den jüngeren Gräbern auf der Wies [Museum
Wien].)
- Thon (23):
- a) Verschiedenes. Halbe sphärische Perle mit Augenverzierung in
"falscher Schnurtechnik", 27 cm Durchmesser (Fig. 140). — Konische
Wirtel, an der Basis sternförmig verziert, 3.3 cm Durchmesser (Fig.
138, 139). — 41 sphärische, konische oder doppelkonische Wirtel. — 1
durchbohrtes konisches Knöpfchen, 2 cm Durchmesser. — 1 Spule, 2 cm
lang (Fig. 142). — 7 undurchbohrte Kügelchen (zum Spielen ?). — 1
solches mit Tupfen, 2.5 cm Durchmesser (Fig. 141) — Ein dicker
Thonring (Kochring), 10 cm Durchmesser. — 2 Bruchstücke solcher
Ringe. — 1 Backsteinknollen mit sich kreuzenden Rinnen
(Schnurrillen, Netzsenker?, vgl. Zannoni, Arcaiche Abitazioni di
Bologna, Taf. XXIII, Fig. 40), 7.5 cm Höhe (Fig. 135). — 27
Netzkugeln. — 1 vierkantig pyramidales Webstuhlgewicht (Fragment),
mit Muschelabdrücken verziert, 11.5 cm hoch (Fig. 136). —
Löffelförmiges Schälchen (Lampe?), 8 cm lang (Fig. 145). —
Geschlossenes, wärmepfannenförmiges Geräth mit einer oberen
grösseren und einer kleineren seitlichen Oeffhung (Lampe?), 6.5 cm
lang (Fig. 146). — Bruchstück einer oblongen Backsteinplatte mit
vertiefter, hakenkreuzähnlicher Verzierung, 8.5 cm lang und breit
(Fig. 137). — Bruchstück eines Deckels mit Bügelhenkel und
peripherischer Tupfenleiste, 9.9 cm Durchmesser (Fig. 144, vgl.
Lengyel, Wosinsky, Taf. XXI, Fig. 163).
Hier sei auch das merkwürdige, Fig. 163 abgebildete Bruchstück
angeführt, für welches ich im
[167] Augenblicke (ausser einem mit einer grösseren Zahl von
Durchbohrungen versehenen Stucke aus Kameese, Schlesien bei
Undset, Erstes Auftreten des Eisens, Taf. IX, Fig. 17) keine Analogie beizubringen vermag. Es stammt
von einem wannenförmigen, ausgebaucht cylindrischen, nach oben etwas
eingezogenen, also beinahe kegelstutzförmigen Thongeräth von 22.5 cm
Höhe und circa 32 cm Durchmesser; der etwas vorspringende Bodenrand
ist gekerbt; innen sieht man
auf dem Boden den
Beginn einer radialen Tupfenleiste. 9 cm oberhalb des Bodens
befindet sich in der Wand eine Durchbohrung von 2.5 cm Durchmesser. Das Stück war möglicherweise
ein Kochgeräth (24).
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Fig. 135-146. Verschiedene Arbeiten in Thon.
Fig. 135. Klötzchen mit gekreuzten Schnurrillen. — Fig. 136.
Pyramide mit Schneckenabdrücken. — Fig. 137. Platte mit vertieftem
Ornament. — Fig. 138—139. Verzierter Wirtel. — Fig. 140. Perle. —
Fig. 141 Kügelchen mit Tupfen. — Fig. 142. Spule. — Fig. 143.
Bruchstück einer grossen Pfanne. — Fig. 144. Deckel mit Bügel. —
Fig. 145 und 146. Lampen (?).
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- Gefässe. Wir unterscheiden: I. Grobe Gebrauchsgefässe.
II. Feiner geformte und entsprechend verzierte Gefässe. III.
Grabgefässe. Die Classen
I. und II. sind fast nur in Bruchstücken, aber in grosser Zahl
erhalten, von I. geradezu unzählbare Massen. Es konnte nur eine
Auswahl derselben conservirt werden, aber auch diese bildet noch
eine erdrückende Menge. Jahrhunderte müssen dahin gegangen sein,
während dieser unbrauchbar gewordene Hausrath zur Ablagerung
gelangte. Die Fragmente römischer Gefässe verschwinden dagegen. Alles Aeltere
ist ohne Anwendung der Drehscheibe mit einer auffallenden, nicht
durch den blossen Zweck dieser Gefässe erklärbaren Neigung zum
Schwerfälligen, Robusten, Massiven, auch in den eintönigen und
barbarischen Zieraten, geformt.
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Fig. 147-157. Unverzierte Thongefässe. (Fig. 147-150
aas Gräbern.) |
I. Grobes Gebrauchsgeschirr.
A. Töpfe. Die überwiegende Mehrzahl der Bruchstücke stammt von
grossen, wenig ausgebauchten Vorraths- und Kochgefässen mit schräg
ausgebogenem Rande. Bei vielen ist die Form nicht mehr genau
bestimmbar. Sie haben Henkel oder zum Aufheben dienende Ansätze
unterhalb des Randes und verschiedene plumpe, niemals vertiefte
lineare Verzierungen.
Marchesetti (Scavi di Sta. Lucia, S. 181, Anm.
13) hält die grossen Vorrathsgefässe, deren Reste man auf den
istrischen Castellieren so zahlreich findet, für Wassergefässe, wie
man sie in einer oft langen, Trockenperioden ausgesetzten Landschaft
besitzen musste.
Verticale Henkel breit (röhrenförmig) oder schmal (bandförmig),
erstere manchmal durch einen Steg von der Gefässwand getrennt (Fig.
168) oder etwas nach abwärts gekrümmt, mit erweiterten Oeffnungen,
häufig gar nicht durchbohrt (blosse Ansätze, wie Fig. 170 und 171),
aber mit Andeutung der Bohrrichtung; die bandförmigen Henkel sind
zuweilen leicht gestreift oder durch eine Rückenkante gehoben.
Einer der röhrenförmigen Henkel (Fig. 167) ist von auffallender
Plumpheit und erweitert sich nach innen. Unter den bandförmigen sind
einige wenige Stücke, welche auf Beziehungen dieser Keramik zu der
Töpferei weitabliegender Gegenden hinweisen. Sie haben das
gemeinsam, dass sie auf dem Bügel, der zum Durchstecken eines oder
zweier Finger dient, dem Daumen derselben Hand noch eine bestimmte
Stelle zum Auflegen bieten. So die Henkelform Fig. 166, von welcher
bei unseren Ausgrabungen nur dieses eine Exemplar gefunden wurde,
während
Marchesetti von demselben Castellier eine grössere Anzahl
solcher Stücke besitzt. Dann die der "ansa lunata" verwandten
Stücke, Fig. 164 und 165 (im Ganzen nur drei Fragmente; Aehnliches,
aber von Schalen, was bei unseren Stücken nicht so ganz sicher (25)
aus Sobunar, Glasnik, VI, 1894, S. 125, Taf. I, Fig. 1 und 2).
Endlich ein paar Stücke, wie Fig. 169, von einem weitmündigen,
grauen Topfe. (Aehnliches aus den Bronzezeitgräbern von Gemeinlebarn
in Niederösterreich, Museum Wien.) Ein dreiteiliger Henkel
(Fragment) hatte wohl ebenfalls eine Daumen-Auflageplatte, wie sie
bei zwei solchen
Henkeln an einer villanovatypischen
Fussarne in Este (Soranzo, Scavi Nazari, Taf. V, Fig. 5) vorkommt.
Ein ähnlicher, aber viertheiliger Henkel mit Näpfchenplatte
erscheint viermal auf einer grossen Thonurne in Sta. Lucia
(Marchesetti, Scavi 1885-1892, Taf. II, Fig. 1).
Horizontale Henkel, rundlich oder viereckig, häufig blosse, von
oben herab durchbohrte, lappenförmige Ansätze, aber auch mächtige,
drehrunde, etwas nach oben gerichtete Bügel (ein solcher ist 13.5 cm lang, einige andere sind mit Schraubenwindungen verziert,
wie Fig. 172). Bei einem Stück (Fig. 173) ist der horizontale Henkel
durch Zusammenkleben zweier Aermchen hergestellt. |
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Fig. 158-163. Thongefässe.
Fig. 158.
Urnenförmiges Töpfchen mit eingeritzten Zickzackbändern. — Fig. 159.
Plumpe Henkeltasse. — Fig. 160. Plumpes Töpfchen. — Fig. 161. Tiefe
Schüssel mit sogenannter Schnurverzierung. — Fig. 162. Bauchiger
Topf mit plumper Strichverzierung. — Fig. 163. Bruchstück eines
cylindrischen Gefässes mit radialer Tupfenleiste auf der Innenseite
des Bodens, Tupfen am äusseren Bodenrande und durchbohrter Wandung.
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Ansätze, horizontale Lappen, rundlich oder viereckig, häufig mit
hörnchenartig vorspringenden Enden (Fig. 188), oft sehr gross; so
misst ein viereckiger Ansatz 9 cm Länge, 4 5 cm Breite. Glatte
Leisten (Reifen, cordoni) oder Tupfenleisten um das ganze Gefäss
sind seltener, als kürzere, gerade oder verschiedenartig gekrümmte,
glatte oder Tupfenleisten (Fig. 191 und 193 [mit letzterem vgl.
Lengyel, Wosinsky, Taf. VII, Fig. 12], auch mit anderen Ansätzen
combinirt, Fig. 184), meist halbkreisförmig, tief unterschnitten,
gut zum Anfassen geeignet. An sehr dickwandigen Gefässen sind auch
diese Leisten sehr stark (2-1/2 cm sammt der Gefässwand).
Eigentümlich sind einige nicht blos getupfte, sondern in Intervallen
ganz flachgedrückte Leisten, welche ein wellenförmiges Ornament
bilden (Fig. 187 und 192). Letztere erscheinen ganz ebenso auf
neolithischen Topfscherben aus Butmir bei Sarajevo. Das Vorkommen mehrerer anderer oben beschriebener Ansatzformen auf dem
Castellier von Kićin bei Mostar hat Radimsky nachgewiesen
(Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien, II, S. 24, Fig.
29-33). Vgl. auch die Keramik der Pfahlbauer von Ripać bei Bihać in
Bosnien, Glasnik, Sarajevo, V, 1893, S. 163 ff. (Henkel und Ansätze,
S. 136, Tupfenleisten u. dgl. S. 137 f., rohe "ansa lunata", S. 136,
Fig. 9, herzförmige Einstiche, 1. c., Fig. 5, hängende Dreiecke in
falscher Schnurtechnik, S. 137, Fig. 3, 4; über die letztgenannten
Verzierungen siehe unten E und IIB). Nach den noch unedirten
Bronzen von Ripać, [170] die ich in Sarajevo sah, scheint diese Flussstation der
Periode der Gräber von Jezerine (letzte Hallstattstufe und La
Tène-Zeit) zu entsprechen. Die
Thongefässe von Jezerine selbst bieten gleichfalls manche
Analogie mit den Funden von unserem Castelliere, insbesondere die
reliefverzierten Bruchstücke, 1. c, S. 464
ff. (Thierfigur, S. 464, Fig. 1, Spirale, ebenda, Fig. 2, Henkel mit
näpfchenförmiger Platte, S. 465, Fig. 4, rohe ansa lunata, ebenda, Fig.
10). |
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Fig. 164-171. Vertical gestellte Henkel von
Thongefässen (1/2).
Fig. 164 und 165. "Ansäe lunatae." — Fig. 166. Henkel mit
Daumen-Auflegeplatte. — Fig. 167. Unförmiger Henkel mit innerer
Ausweitung. — Fig. 168. Gestielter, röhrenförmiger Henkel. — Fig.
169. Spitzzulaufender Henkel. — Fig. 170 und Fig. 171. ündurchbohrte Henkel.
|
Bei den Ossuarien (S. 449-462) überwiegt jedoch, obwohl sie auch
manche in Krain und Istrien häufiger vorkommende Urnenform zeigen,
der aus der [171] italischen Villanovaform hervorgegangene bauchige
Halsurnentypus.
Ränder. Den getupften oder gewellten Ansätzen und Reifen
entsprechen Gefässränder mit ähnlichen Tupfen, Wellen (Fig. 189)
oder groben, schrägen Strichen auf dem Mundsaum (Fig. 187). Unter
dem letzteren erscheint, als einfachste einzige Verzierung, zuweilen
ein Kranz von flachen, rundlichen, unmittelbar in die Gefäs8wand
eingedrückten Tupfen.
B. Schüsseln. Seltener sind grosse, tiefe
Schüsseln mit sehr breitem Mundsaum und kleinem, verticalem
Bandhenkel unter dem letzteren.
C. Schalen. In unzählbarer Menge und meist
sehr grober Ausführung finden sich Bruchstücke schwarzer, selten
röthlicher Schalen mit eingebogenem Rande (Fig. 155-157). Sie sind
meist innen geglättet, aussen rauh; oft erscheinen auf dem Mundsaum
lange und flache, schräge Furchen, die wie Schraubengänge
nebeneinander liegen (Fig. 176). Andere Verzierungen kommen nicht
vor. Der stets vorhandene
Henkel steht dicht unter dem Rande oder mehr gegen den Boden hin
und ist klein, oft nur ein durchbohrter Knopf oder Lappen. Es
erscheinen verticale und horizontale Henkel; unter den letzteren
trifft man zuweilen zweimal von oben herab durchbohrte,
lappenförmige Ansätze (Fig. 174 und 175). Eine dieser Schalen misst
7 cm Höhe, 18 cm Durchmesser. In den
Pizzughi-Nekropolen sind sie,
wie in den italischen Culturgruppen von Este und Villanova-Tarquinia, zuweilen umgestürzt als Urnendeckel verwendet.
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Fig. 172-176. Horizontal und vertical
gestellte Henkel von Thongefässen (1/2).
Fig. 172.
Strickförmig gewundener Henkel eines grösseren Thongefässes. — Fig.
173. Topfhenkel aus zwei Theilen zusammengebogen. — Fig. 174 und
175. Doppelt durchbohrte Henkelansätze von Schalen. — Fig. 176.
Schalenhenkel, vertical.
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Hieher gehören auch die selteneren Bruchstücke rother Schalen mit
hohlem, konischem Fuss; sechs davon weisen auf kleinere Gefässe hin,
während mehrere andere von grossen Aufsatzschalen herrühren, wie sie
namentlich häufig in Este, dann in Sta. Lucia und Lengyel gefunden
wurden. In Este stammen sie ebenfalls zahlreich aus der
Ansiedelungschichte.
Marchesetti (Scavi di Sta. Lucia, S. 211, Anm.
13) kennt aus Istrien keine solchen Fussschalen und
[172] deutet nur ein Bruchstück von den
Pizzughi in diesem Sinne.
D. Pfannen, Eine Specialität des Castelliers von Villanova, für
welche ich im Augenblicke nur ein schlagend ähnliches Vorkommen von
dem verwandten Wohnplatze Sobunar bei Sarajevo anführen kann
(Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien, I, S. 41), bilden die
nicht ganz seltenen Bruchstücke grosser, flacher Thonpfannen
(Backpfannen für fladenförmiges Brot?), mit niederem Rand, welcher
ringsum durch rundliche Eindrücke oder längliche Kerben gegliedert
ist. Der Boden dieser Pfannen war bis 3 cm stark, der Band nicht
höher als 4.7 cm, der Durchmesser nicht unter 60-70 cm. Eines der Fragmente zeigt am
Boden innen unfern des Randes ein eingegrabenes Hakenkreuz (Fig.
143).
E. Verschiedenes. Einige Gefässe von kleineren Dimensionen sind
nahezu ganz erhalten. So: 1 plumper Becher mit einigen Warzen und
schwach ausgebogenem Rande, 7.4 cm hoch (Fig. 151); 1 plumpe, tiefe
Schale mit Warzen, 5.2 cm hoch, 9.7 cm Durchmesser; 1 winziges
Henkelschälchen, 3 cm hoch, 45 cm Durchmesser (Fig. 159); 1 ganz
rohes, flaches Schälchen (Spielzeug), 2.7 cm hoch, 5.4 cm
Durchmesser; 1 cylindrisches Näpfchen, 4 cm hoch, 5.4 cm
Durchmesser.
Mehrere Bruchstücke rother Gefässe mit parallelen, glatten
Leisten (cordoni) erinnern an die Keramik von Este und Sta. Lucia.
Das Bruchstück eines bauchigen Gefässes mit langen, schrägen,
flachen Furchen erinnert an die Urnen des Flachgräberfeldes von
Hadersdorf am Kamp.
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Fig. 177-182. Thongefässbruchstücke mit
Relief-Ornament (1/2).
Fig. 177 mit Buckelreihe. — Fig. 178
mit Mäander. — Fig. 179 mit Zickzacklinie. — Fig. 180 mit
hufeisenförmigem Ornament. — Fig. 181 mit Schlangenlinie. — Fig. 182
mit Wellenband (?).
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Das Bruchstück einer flachen, geradlinig begrenzten Thonplatte
zeigt den Rest eines kreisrunden, nach innen schalenförmig
verlaufenden Reifens, 8.5 cm lang (Fig. 183).
Ausserdem liegt das Randbruchstück einer dickwandigen Siebschale
mit Henkelansatz, 8.4 cm lang, und sieben Bruchstücke anderer
Siebgefässe vor.
Einige Bruchstücke zeigen singulare, aber dem Stile dieser
Keramik angemessene Verzierungen: Reihen dichter, konischer Wärzchen
(Fig. 185) oder regellos angebrachte herzförmige Spateleindrücke
(Fig. 190).
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Fig. 183-193. Thongefässbruchstücke mit
Relief-Ornament (1/2).
Fig. 183. Bruchstück einer flachen
Thonplatte. — Fig. 184 mit glatter Bogen- und gerader Tupfenleiste.
— Fig. 185 mit Warzen. — Fig. 186 mit divergirenden Leisten. — Fig.
187 mit Randtupfen und gewellter Bogenleiste. — Fig. 188 mit
zweizackigem, horizontalem Ansatz. — Fig. 189 mit gewelltem
Mundsaume. — Fig. 190 mit herzförmigen Grübchen. — Fig. 191 mit
getupfter Wellenleiste. — Fig. 192 mit kurzer gerader Wellenleiste.
— Fig. 193 mit getupfter gerader und emporstehender Bogenleiste. (Vom unteren Rande eines Gefässes.) |
II. Feineres Thongeschirr.
Die Bruchstücke der Gefässe, die wir
in diese Classe rechnen, sind viel seltener als die vorgedachten.
Die bessere Ausführung dieser Arbeiten liegt vielfach nur darin,
dass es kleinere Gefässe sind, die nicht als Vorraths- und
Küchengeschirr, sondern, wenn man so sagen darf, als Tafelgeschirr [174]
gedient haben. Es sind meist Näpfe, Schalen, Schüsseln, Becher,
Tassen u. dgl.; die Formen sind sehr verschieden, die Verzierungen,
wo solche vorhanden, von grosser Einfachheit. Da die ersteren häufig
nicht mehr erkennbar sind, theilen wir die Bruchstücke in A.
unverzierte, B. solche mit vertiefter und C. solche mit
Reliefdecoration.A. Un verziert ist eine Anzahl schwarzer oder röthlicher,
bauchiger Schälchen mit geglätteter Wandung und scharfer Kante
unterhalb des gekehlten
oder cylindrischen Halses; eines dieser Stücke ist 6 cm hoch, 10
cm breit. Einzelne Bruchstücke (so Fig. 152) zeigen hohe, verticale
Henkel.
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Fig. 194 -198. Thongefässbruchstücke mit
eingeritzter Verzierung (3/5).
Fig.
194 mit Backelchen und
schraffirten Dreiecken. — Fig. 195 mit gestrichelten Bändern. — Fig.
196-198 mit sogenanntem "Schnur-Ornament". |
B. Die vertieften Ornamente sind sehr häufig mit einem
Instrumente erzeugt, welches gerade Linien aus schnurförmig
gereihten, schrägen Strichelchen hervorbrachte. Damit verzierte man
schwarze Schälchen der oben erwähnten Art und legte in die
Vertiefungen eine weisse Füllmasse. (Weiss ausgefüllte Graffiti
erscheinen in Istrien auch an anderen Fundorten, so in
Vermo,
Pizzughi, San Dionisio.) Diese Ornamente sind seltener einfache
Umlauflinien, als von der Halskante herabhängende (zuweilen auch
emporgerichtete) Dreiecke, die entweder schräg gestrichelt oder mit
anderen Dreiecken ausgefüllt sind (Fig. 196-198). Oben ist diese
Dreieckzone zuweilen durch eine Punktreihe abgeschlossen (Fig. 198).
Bei zwei Bruchstücken, von welchen eines einer Schale mit
eingebogenem Rande angehört, ist dieses Muster nicht mit einem
Instrumente, sondern aus freier Hand erzeugt und (an dem
Schalenfragment) wieder weiss incrustirt. Ein Henkel ist auch auf
dem Scheitel, wie Fig. 196, gemustert.
Dieselben Ornamente finden wir, gröber oder feiner, auch in
ungebrochenen Linien an derselben Stelle anderer schwarzer Schälchen
angebracht. So Fig. 194 in Combination mit einem von concentrischen Kreisen umrahmten Buckelchen. Meist sind auch Punktreihen
den Dreiecken gesellt.
Andere Muster, wie Fig. 195, sind selten. Zwei Henkelfragmente
zeigen ineinander gezeichnete, rautenförmige Liniengruppen; dann
kommen schräge und verticale Strichelchen in Reihen mit parallelen
Zickzacklinien u. dgl. combinirt vor. Die Einritzungen sind manchmal
sehr tief und kräftig, manchmal aber so flach und stumpf, dass sie
unmöglich eine Füllmasse festgehalten haben und kaum gut sichtbar
oder, besser gesagt, wirksam gewesen sein können. Ein einziges
Bruchstückchen zeigt den Rest einer eingeritzten, schrägen
Mäander-Decoration, wie die Pizzughitöpfe bei
Amoroso, Taf. IV, Fig.
1, 3, 5, stammt aber von einem Näpfchen mit eingebogenem Rande.
C. Während sich die vertieften Ornamente mit bemerkenswert her
Ausschliesslichkeit fast ganz auf [175]
das Zickzack- und Dreiecksornament
beschränken, herrscht in den plastischen grössere Mannigfaltigkeit.
Die Gefässe, welche so verziert wurden, waren tiefe, unseren
Suppennäpfen ähnliche Schüsseln, d. h. bauchige Gefässe mit stark
eingebogenem Mundsaum, unten konisch, oben sphärisch, wie bei
Amoroso,
Pizzughi, Taf. II, Fig. 3, 4, 7 (auch Fig. 10 gehört noch
hieher). Die Verzierung besteht in aufgeklebten Thonleisten, welche
Mäander (Fig. 178), Zickzack- (Fig. 179) oder Wellenlinien (Fig.
181) bilden. Auch Reihen von hemisphärischen Buckelchen werden
zwischen zwei Reliefleisten aufgeklebt (Fig. 177, wo die Spur der
abgebrochenen, unteren Leiste von dem Zeichner nicht wiedergegeben
wurde; vgl. jedoch
Amoroso, 1. c., Taf. VI, Fig. 5). Von einem
Gefässe anderer Form stammt Fig. 182 mit Rest eines Wellenbandes,
der ästhetischen Auflösung der tangential verbundenen Spirale (wie
Vermo, Marchesetti, Boll. Soc. Adr. 1883, Taf. I, Fig. 10). Die
höchste Leistung dieser Keramik, die in jeder Hinsicht ein
ausgesprochener locales Gepräge zeigt als die vertieft verzierten
Töpfe, ist das eben erwähnte Grabgefäss von unserem Castellier (im
Museum
Parenzo), welches an Stelle der linearen Ornamente eine Reihe
von Relief-Thierfiguren zeigt. (Eine Skizze desselben haben wir in
den Mitth. d. prähist. Comm., I, 3, 1893, S. 109, Fig. 51 f.,
mitgetheilt und zur Vergleichung daselbst Fig. 50 die Abbildung
eines ähnlich verzierten Thongefasses aus Este nach Soranzo, Scavi
Nazari, Taf. VII, Fig. 1, wiederholt.)
Die feinere, zum Theile auch die gröbere Keramik von unserem
Castellier zeigt eine solche Fülle von Uebereinstimmungen mit den
auch ähnlich (d. h. in zahllosen Fragmenten) überlieferten
Thonsachen aus den ältesten Ansiedelungen um Este, dass an einem
ursprünglichen Zusammenhange der Cultur dieser beiden illyrischen
Stämme, der Histrer und der Veneter, nicht zu zweifeln ist. Vgl.
Prosdocimi, Avanzi di antichissime abitazioni nell'agro Atestino.
Bull, di paletn. Ital. XIII, 1887, S. 156 ff., 185 ff. und Taf.
VII-IX. Die Graffitoverzierungen zeigen dieselben Muster in
ungebrochenen Linien (Taf. VIII, Fig. 13-16; IX, 6) oder in falscher
Schnurtechnik (VIII, 3, 12, 18, 22; IX, 5, 9-11). Andere eingeritzte
Muster entsprechen den Verzierungen der bauchigen Urnen von den
Pizzughi
(so Taf. VIII, 5, 10; IX, 1, 4). Noch auffallender ist die
Aehnlichkeit der Reliefornamente, nicht nur der einfacheren, wie
halbmondförmige Leisten (VIII, 21), eckig gebrochene (VIII, 35),
Tupfenleisten (VIII, 25; IX, 16,
17, 19, 20, 25), sondern auch der complicirteren, wie Mäander
(VII, 15, 16; VIII, 27, 32; IX, 26, 32). Aeus8er8t ähnlich oder
vielmehr ganz gleich sind auch die Henkelformen: horizontale (VII,
7; IX, 27, 28), verticale, röhrenförmige (VIII, 33) u. s. w., sowie
die ganzen Gefässformen (Schale VII, 11; Topf VIII, 19). Dass
Thonringe, Wirtel, Webstuhlgewichte, wie auch zahlreiches
geschnitztes Hirschgeweih, Mahlsteine u. dgl. ganz wie in Villanova
vorkommen, will weniger besagen als einige Metallsachen (bronzene
Lanzenspitze, halbkreisförmige Drahtfibel mit gewundenem Bügel und
kurzem Fusse), welche darauf hindeuten, dass diese Funde aus Este
älter sind, als die Hauptmasse der aus den dortigen Gräbern
gehobenen Beigaben.
III. Grabgefässe.
Die Grabgefasse der istrischen Nekropolen sind im Allgemeinen
(und zwar nicht nur die seltenen Beigefässe, sondern auch die
Ossuarien) klein und in Form und Verzierung zum Theile den feineren
Gebrauchsgefässen ähnlich. Ibre geringen Dimensionen sind namentlich
auffällig, wenn man sie mit den Riesenurnen der Gräberfelder des
Isonzothales (Sta. Lucia, Karfreit) vergleicht; auch sonst zeigt
sich die istrische Keramik in den Gräbern gegenüber der Masse gut
gearbeiteter Thongefässe aus dem letzteren Gebiete inferior; die
Dickwandigkeit und Schwere der kleinen Töpfe und Schalen, die man in
die Gräber stellte, geht zuweilen über jedes sonst beobachtete Maass
hinaus. Entsprechend dem geringen Raumgehalte der Urnen übte man,
wie um Este und Bologna, das Ossilegium und bedeckte die Urnen
häufig mit umgestürzten Schalen, was in Sta. Lucia nicht vorkommt,
wo auch keine Knochenlese stattfand, sondern alle Brandreste in die
Urne geschüttet wurden.
In den von uns aufgedeckten wenigen Gräbern waren mit Ausnahme
einer Nadel keine Bronzen enthalten; doch stammt wahrscheinlich ein
Theil der oben aufgezählten, kleineren Artefacte (und wohl auch eine
Anzahl Topfscherben) aus zerstörten Gräbern, die dem Feldbau oder
der transportirenden Wirkung der Meteorgewässer zum Opfer gefallen
sind. Thatsächlich haben sich, so viel wir selbst beobachten
konnten, nur an den Hügelrändern hie und da intacte Gräber erhalten.
Es sei deshalb gestattet, nach
Marchesetti (1. c., S. 306)
anzuführen, was den Nekropolen der istrischen Castellieri an kleinen
Beigaben so gemeinsam ist, dass es auch hier vorausgesetzt werden
darf. Fibeln sind im Vergleiche zu anderen
[176] Gräberfeldern überhaupt
selten, und es fehlen ganz die halbkreisförmige Bogenfibel, die
Halbmondfibel und die Brillenscheibenfibel, also, mit Ausnahme der
(jedoch seltenen) Brillenspiralfibel, gerade jene Formen, die wir
ihrem Ursprunge nach als althallstättische bezeichnen müssen, wenn
sie auch, namentlich weiter im Norden und im Osten — entfernter von
Italien — , noch in junghallstättischen Schichten vorkommen.
Dagegen sind vorherrschend die junghallstättischen, ihrem
Ursprünge nach italischen Typen der Schlangenund der Certosafibel,
letztere stets mit Kopfschleifen, zuweilen selbst mit Armbrustkopf.
Ferner erscheinen mehrknöpfige Nadeln, ein nordischer Typus, der bei
Bologna fast gar nicht, um Este nur in der zweiten Periode vorkommt
und dann verschwindet, der aber in Sta. Lucia nicht nur in den
älteren, sondern auch in den jüngeren Gräbern auftritt und hier, wie
in Strien, jene Resistenz zeigt, welche althallstättische Typen
nördlich von Italien häufig verrathen (26). Häufig sind sodann Finger- und Armringe aus Bronzespiralen; es kommen
auch bandförmige Armringe mit Schliesshaken vor, die im Isonzothale
fehlen. Endlich trifft man gravirte (nie mit getriebenen Mustern
verzierte) Gürtelbleche und kreisrunde, meist ganz glatte
Bronzeblech-Ohrringe. Folgende Thongefässe stammen aus den von mir geöffneten Gräbern:
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Fig. 199-206. Fibeln aus Bronze (1/1).
Fig. 199. Certosafibel. — Fig. 200-202. Zwei Spät-La Tène-Fibeln mit
durchbohrtem Nadelhalterblatte. — Fig. 203. Spät-LaTène-Fibel mit
viereckigem Fussrahmen. — Fig. 204. Spät-La Tène-Fibel (Stammform
der Flügelfibel). — Fig. 205-206. Spät-La Tène-Fibeln. (Bruchstücke;
Fuss wahrscheinlich wie bei Fig. 200 und 201.)
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A. Südostrand (1890):I. Bauchige Urne (Hals und Mundsaum
fehlen), plump geformt, dunkelbraun, an der Schulter mit fünf
Gruppen äusserst grober, kiel bogen förmiger Furchen verziert, 17 cm
hoch, 22 cm Durchmesser (Fig. 162, für Form und Verzierung vgl.
Vermo, Moser, Taf. III, Fig. 10 und 14).
II. Feineres, starkbauchiges Gefäss (oben
wie I defect), dunkelbraun, an der Schulter mit
[178] ineinander gehackten, liegenden, S-förmigen Liniengruppen ("Spirali
corrimi dietro", vereinfacht) zwischen doppelten Umlauflinien, Alles
in "falscher Schnurtechnik" (mit Zackenrädchen), verziert, 11.2 cm
hoch, 9.4 cm Durchmesser (Fig. 161). Für die Form vgl.Pizzughi,
Amoroso, Taf. II, Fig. 3, 4, 7.
III. Sehr dickwandiges, bauchiges Töpfchen
(edlere Form, plumpe Ausführung), mit kurzem Halse, an der Schulter
zwei kleine, horizontale Henkel, dazwischen zwei Buckelchen,
rothbraun, 17.5 cm hoch, 19.2 cm Durchmesser (Fig. 148).
IV. Plumper, urnenförmiger Topf, graubraun,
Form wie Fig. 158, aber gröber und ohne Verzierung, 17 cm hoch, 20.8
cm Durchmesser.
(Die folgenden vier Gefässe stammen wahrscheinlich aus zerstörten
Gräbern in der Nähe der vorigen.)
V. Plumpe Napfurne, mit stark eingebogenem Rande, gelbbraun, 155
cm hoch, 16.8 cm Durchmesser (Fig. 149).
VI. Becherförmige Topfurne, plump,
rothgelb, 165 cm hoch, 13.8 cm Durchmesser (Fig. 150). Für die Form
vgl. Vermo, Moser, Taf. III, Fig. 5.
VII. Henkelschale (Beigefäss),
schwarzbraun, 6.5 cm hoch, 9.8 cm Durchmesser (Fig. 154).
VIII. Desgleichen, ganz roh, gelbgrau, 5.5
cm hoch, 8 cm Durchmesser (Fig. 153).
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Fig. 207-216. Verscheledene Bronzegengenstäde (1/1) Fig. 207. Doppelnadel. — Fig. 208. Nähnadel. — Fig. 209.
Schmucknadel. — Fig. 210. Zierstück. — Fig. 211—212. Ohrringe. —
Fig. 213. Dreieckiges Anhängsel. — Fig. 214. Brillenförmiges
Anhängsel. — Fig. 215. Angelhaken. — Fig. 216. Angel mit Doppelhaken.
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[178]B. Nordrand, Mitte (1892):I. Plumpe, äusserst dickwandige Urne, schwarzbraun, 15.5 cm hoch,
17.3 cm Durchmesser. Die Mündung hat 7.3 cm lichte Weite, der Boden
dagegen 10.5—11 cm Durchmesser (Fig. 160); enthielt ausser dem
Leichenbrande eine Bronzenadel.
(II. Ohne Urne und Beigaben.)
III. Rothe Halsurne, etwas besser geformt, aber schwer, unter dem
Halse eine dreifache Zickzacklinie flüchtig eingerissen, 18 cm hoch,
21 cm Durchmesser (Fig. 158).
(IV. Schüssel [als Ossuarium] und Henkelschale dieses Grabes
waren nur in Bruchstücken erhalten.)
8. Münzen (27).
a) Vorrömische:
1. Bronze. Unbärtiger Kopf n. r. Randschr.
[Greek text] — R. Reiter n.
r.,
darunter [Greex text] (cse = Cissa in Hispania Tarraconensis) vgl.
Hübner, Monumenta linguae Ibericae, 1893, S. 31 u. f. 717 gr. (VII.
Jahrh. a. u. c.)
2. Kleinkupfer. Barbarische Nachbildung
massaliotischer Prägung. Weiblicher Kopf, bediademt, n. r. — R. Löwe
n. r., darüber ENEC (bisher aus England bekannt).
3. Kleinkupfer. Barbarenmünze. Bärtiger
Kopf n. r. — R. Artemis mit Fackeln. (Typus von Pharos.)
b) Römische:
4-7. Republikanische Victoriaten mit mehr oder weniger
verwischter Prägung. Einer davon zeigt als Münzmeisterzeichen eine
Lanzenspitze.
8. A3 Denar, durchlocht und schlecht
erhalten (noch 3.02 gr). Behelmter Minervakopf n. r. — R. Gespann,
wohl Biga, n. r. Von der Legende ist nichts zu erkennen.
9. Bronze mit den Münzmeisternamen Regulus,
Pulcher, Taurus; zwei verschlungene Hände, den Caduceus haltend. —
R.S.C. und III vir a. a. a. f. f. = Babelon II. 146, 15. 2.7 gr
(745—750 a.u.c).
10. Stück (fast ein Drittel) eines
Uncial-As; nur der linke Theil des Schiffsgebälkes der Rückseite ist
erkennbar.
11. Bronze [Divus A]ugustus pater. Kopf n.
1. — R. S. C, Altar u. provident. = Cohen, Augustus 228. As. 9 gr.
12. Bronze. [Drusus] Caesar Ti. Aug. fil.
di [vi Aug. n.] Kopf n. 1. — R. Pontif. trib[un. potest] iter. Im
Felde S. C. = Cohen, Drusus, Tibers Sohn, n. 2. As.
13. Grossbronze. Imp. Nero Caesar Aug. poni
max. tr. pot. p. p. Belorbeerter Kopf Neros n. 1. — R. S. C.
Triumphbogen mit Quadriga und Standbild Neros. = Cohen, Nero 309.
Sesterz, 24.45 gr.
Einige andere Münzen waren ihres gänzlich verwischten Gepräges
wegen nicht mehr bestimmbar.
Die Formen, welche uns der Castellier von Villanova geliefert
hat, gehören einem illyrischen oder adriatischen Culturkreise an,
den wir östlich bis an die Drina, westlich bis in die Mitte von
Oberitalien, südlich und nördlich in grosser Ausdehnung an der
Westküste der Adria hinab und in den Ostalpen bis zur Donau hinauf
verfolgen können. In diesem Kreise finden wir Erscheinungen
primitiver Cultur, welche früher auf einem noch grösseren Gebiete
geherrscht haben, mit einer gewissen Beharrlichkeit fortentwickelt.
Die Stammformen sind ursprünglich Gemeingut in weiterem Umfange;
erst in der Evolution differenziren sich die Illyrier von den
benachbarten Völkergruppen und auch die einzelnen Stämme der
ersteren schlagen zum Theile getrennte Bahnen ein. Sie erfahren in
ungleichem Masse den Einfluss stammfremder und stammverwandter
Nachbarn, bewahren aber auch darin eine deutlich erkennbare
Sonderstellung als ein vorwiegend alterthümliche8 Volk.
Die beiden wichtigsten Facten, welche sich aus der Betrachtung
der obigen Fundliste ergeben, sind:
1. Die Uebereinstimmung zahlreicher
specifischer Formen mit solchen, die wir aus den
Pizzughi-Nekropolen
und den Gräbern von Vermo kennen.
2. Die zeitliche Uebereinstimmung der
Münzund der Fibelfunde untereinander, welche beiden gleiehmässig in
die letzten Jahrhunderte der römischen Republik oder, was dasselbe
besagt, in die spätere La Tène-Periode weisen.
Die drei römischen Kaisermünzen des August, des Drusus und des
Nero kommen daneben so wenig in Betracht, wie die paar Stückchen von
Steinartefacten. Wir besitzen von Villanova kein Stück, welches mit
Sicherheit der neolithischen Periode zuzurechnen wäre, und ebenso
fehlen uns alle späteren römischen Münzen und alle specifisch
römischen Fibeln. Das letztere erklärt sich aus der Lage
des [179] Fundortes an der Westküste der Halbinsel. Hier gab es nach der
Romanisirung Italiens keine Barbaren mehr, welche Uferhöhen an
zurückgezogenen Meerschlupfwinkeln bewohnten und die das Gewässer zu
ihren Füssen, wenn es nicht Fischfang oder Seeraub galt, mit
gleichgiltigen Blicken betrachteten. Um den Beginn unserer Aera
hatte sich die Bevölkerung dieses Küstenstriches gewiss schon in
Städten und Flecken am Meere gesammelt oder tiefer in's Land
zurückgezogen. Das Römische vom Castellier von Villanova gehört
daher einer verhältnissmässig frühen Zeit an, wahrscheinlich eher
dem ersten und vielleicht selbst dem II. Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung, als dem I. Jahrhundert nach dem Beginne derselben. Es
lässt sich denken, dass die römische Occupation des Landes in den
Verhältnissen eines solchen Wohnplatzes zunächst keine
einschneidende Veränderung hervorgebracht hat. Die Umwandlung,
welche zur Verödung führen musste, vollzog sich unaufhaltsam, aber
allmälig.
Aber auch die der Hauptsache nach doch wohl älteren Funde, die
mit Beigaben aus den
Pizzughi-gräbern übereinstimmen, erscheinen uns
nach den jüngsten Entdeckungen an diesem Orte in einem neuen Lichte.
Die nahe verwandten Gräber von Vermo reichen, wie man weiss, in die
Mittel-La Tène-Periode hinein oder, richtiger gesprochen: die
Hallstatt-Cultur mit ihren Schlangen- und Certosafibeln und allerlei
sonstigem typischen Apparate reicht um Vermo, wie an so mancher
Stelle am Ende der Ostalpen, in die Zeit hinein, welche schon
Mittel-La Tène-Fibeln besitzt. Am Fusse der
Pizzughi geht das aber
noch weiter. Im Grabe Nr. 61 wurde dort eine Spät-La Tène-Fibel,
genau von der Form unserer Fig. 204 (zufällig auch ungefähr ebenso
fragmentarisch erhalten) (28), zusammen mit einer Schmucknadel,
einem gegossenen eimerförmigen und einem hohlen, dreieckigen,
punktirten Bronzeblechanhängsel gefunden. Aus anderen Gräbern stammt
eine kleine, bronzene Oinochoe oder Olpe mit kreisrunder (nicht
kleeblattförmiger) Mündung, dann gebogene, lange, eiserne Haumesser
(wie St. Michael, diese Mitth. 1888, Taf. IV, Fig. 4'6); dieselben
lagen aussen auf steinernen, situlaförmigen Deckelurnen, die im Inneren beim Leichenbrande kleinere
hallstättische Beigaben bargen. Es zeigt sich demnach auch die
Spät-La Tène-Periode von der junghall8tätti8chen durch keine
Zeitkluft geschieden. Die Gräber mit La Tène-Sachen sind zweifellos
jünger als die ungemischt hallstättischen; aber sie scheinen sich
ihnen in unmittelbarer Aufeinanderfolge anzuschliessen, wie in
Jezerine, Prozor, Idria u. s. w., und selbst das Römische erscheint,
wie in organischem Wachsthum, an das Prähistorische angeschlossen.
Während sich die jüngeren Perioden so eng aneinander schliessen,
besitzen wir vom Castellier von Villanova keinen einzigen Fund, der
mit voller Sicherheit auf eine Besiedelung während der Bronzezeit
oder auch nur während der älteren Hallstattstufe gedeutet werden
könnte. Die Gräber sind, trotz des Fortlebens einiger
althallstättischer Formen, wie der Brillenfibel, der mehrknöpfigen
Schmucknadel, gewiss alle jünger; allein ich verkenne nicht, dass
die vielen Hirschhornwerkzeuge, die Knochennadeln und Aehnliches auf
den ersten Blick eine viel höhere Datirung zu fordern scheinen. Man
ist eigentlich gewöhnt, solche Mengen von Arbeiten aus Hirschgeweih
in neolithischen Schichten zu finden oder bei fraglicher Herkunft
dahin zu versetzen. Davon kann nun hier schon aus dem Grunde nicht
die Rede sein, weil sie ausnahmslos mit Metalllamellen zugeschnitten
sind. Namentlich an den typischen, hohlkeltförmigen Werkzeugen
findet man zuweilen an der Grenze zwischen Dülle und Schneide (so
bei Fig. 127) tiefe Einschnitte, die nur von einem Messer oder einer
Säge aus Bronze oder Eisen herrühren können. Immerhin war dies eine
Zeit, in der man die Jagd auf den Edelhirsch in ausgedehntem Masse,
daneben aber auch den Feldbau betrieben haben muss; denn diese
Hirschhornwerkzeuge werden doch wohl nur als Ackergeräthe
aufzufassen sein (29). Zugleich war
[180] dies eine metallarme Zeit; es ist überhaupt auf dem Castellier
von Villanova meines Wissens keine bronzene oder sicher vorrömische
Eisenwaffe gefunden worden Nur ein paar bronzene Meisselchen oder
Spatel befinden sich in den Museen von Wien und
Parenzo.
Aehnlich verhält es sich mit jenen Arbeiten in Thon, deren
Zeitstellung sich nicht durch Parallelen aus der Gräberschicht von
Vermo und
Pizzughi bestimmen läset. Sie geben uns, wie die Trümmer
riesiger Vorrathsgefässe oder der oben als Backpfannen gedeuteten
kolossalen Teller, manchen Auf-schluss über die Lebensgewohnheiten
der alten Bewohner der Castelliers, aber sie lassen uns im Dunkeln über die
Zeit, aus der sie stammen.
Ich sehe jedoch keinen Grund, warum wir diese scheinbar uralten,
jedenfalls zum Theile urrohen Dinge, zu denen sich meinetwegen auch
noch ein paar zugeschlagene Steingeräthe gesellen können, nicht den
junghallstättischen Bewohnern des Castelliers zur Zeit der älteren
Vermo und
Pizzughi-gräber zuschreiben sollten. Es war ja doch noch
die Zeit vor jenem grossen Umschwünge, der aus der waldigen,
wildreichen, von Gaufürsten beherrschten, von Jägern und Ackerbauern
bewohnten Halbinsel, dem Anhängsel der Ostalpenzone, ein sonniges,
südliches, zu Italien gerechnetes Oel- und Weinland schuf. Was
bedeutete die Weltlage Istriens in jener Zeit für die Istrianer?
Nicht mehr, als die schöne Bildung mancher meerumflossenen Insel
oder Landspitze, die wir auf den Karten aussereuropäischer Erdräume
mit Wohlgefallen betrachten, und die noch viele Jahrhunderte länger
gebraucht hat, ehe das [181] ungenossene Geschenk der Natur zu einem Besitze der Menschheit
umgeprägt wurde. Istrien hatte weit weniger zu bieten als die tiefen
Alpenthäler, die sich von den Ebenen Italiens nach Norden öffnen.
Darum blieb es ärmer als diese, wenn es auch — dies der einzige
Gewinn, den es aus seiner Lage zog — manches Strandgut auffing und
ihm manche Brosamen vom unteritalisch-griechischen und vom
venetischen Culturbesitz, wie es der Verkehr auf der r Adria mit
sich brachte, in den Schooss fielen. Erst die römische Eroberung hat
hier Wandel geschaffen und einen Zustand begründet, den gleichsam
die Natur selbst vorgezeichnet, den sie jedenfalls sanctionirte und
der darum von längerer Dauer sein musste, als die Romanisirung
angrenzender nördlicher Länder.
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Fig. 217-222. Diverse Fundstücke. Fig. 217. Schaber aus Hornstein. — Fig. 218. Bruchstück einer
rothfigurigen griechischen Vase vom Castellier San Martino di Torre.
— Fig. 219. Bruchstück einer Bronzestatuette. — Fig. 220-222.
Bruchstück einer römischen Amphora mit zwei Stempelinschriften auf dem Rande.
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Anhang.
Der Castellier San Martino di Torre.
Während man die Veneter als Halbbarbaren bezeichnen kann, glauben
wir, die Histrer, wenigstens auf dem Castellier von Villanova, als
ganze und echte Barbaren erkannt zu haben. Sie stehen wohl in
vorrömischer Zeit den benachbarten und stammverwandten Bewohnern der
dalmatinischen Küsten und des bosnisch-hercegovinischen Hinterlandes
auch in cultureller Beziehung sehr nahe, und die Aehnlichkeit der
Castellierifunde am Quieto und der Arsa einerseits, an der Bosna und
Narenta andererseits dürfte auch eine ungefähr zeitliche
Gleichstellung dieser Funde zulassen, während die formell nahe
verwandten Culturschichten Oberitaliens — für die wir nur beiläufig
auf Lioy's Arbeit über die Pfahlbauten von Fimon bei Vicenza,
Prosdocimi's citirten Aufsatz über die Ansiedelungen von Este,
Scarabelli's Publication der Anhöhenfunde von Monte Castellaccio bei
Imola und Brizio's Mittheilungen über die Höhle del Farnè bei
Bologna verweisen — der Hauptsache nach absolut älter sein werden.
In den Gräbern dieser zurückgebliebenen Barbaren finden wir nun
vereinzelte griechische Thongefässe (Vermo, Moser, Taf. III, Fig. 2;
Pizzughi,
Amoroso, Taf. III, Fig. 4, 7, V, Fig. 1, 2) und Fragmente
solcher (in zerstörten Gräbern,
Pizzughi, 1. c., S. 26), die zum
Theile alte Flickstellen aufweisen. Die in Mattmalerei geometrisch
decorirten, grossen, gelben Vasen hält Orsi (Bull. corr. arch. 1885)
für apulische Arbeit aus der Zeit um 400 v. Chr.; einige Fragmente
scheinen ihm ebenfalls aus demselben Gebiete, aber aus jüngerer Zeit
zu stammen, und andere erklärt er für Ueberreste
etruskisch-campanischer Keramik aus dem Ende des III. oder dem II.
Jahrhundert (Bull. pal. Ital. 1885). Orsi hat daraus den Schluss
gezogen, dass tarentinische Seefahrer auch das obere Ende der
illyrischen Gegenküste besucht hätten, was Florus, I, 18, zu
bestätigen scheint.
Ueber den vorrömischen Seeverkehr an den Ostküsten der Adria
oder, was dasselbe besagen will, über Griechisches in Illyrien sind
wir wenig unterrichtet. Jetzt lüften sich die Schleier ein wenig in
Folge eifriger und exacter Studien in Bosnien und der Hercegovina.
Auf dem Glasinac sind nicht nur bronzene Beinschienen und getriebene
Schalen von classischer Form, sondern auch kleine, rothfigurige
Thongefässe (Skyphoi) in Gräbern der Barbaren gefunden worden. Das
Landesmuseum in Sarajevo besitzt über 100 aus illyrischem Boden
stammende Münzen griechischer Städte und Herrscher und illyrischer
Könige. Aus Dalmatien kannte man dergleichen schon früher (vgl. 0.
Hirschfeld und R. v. Schneider, Bericht über eine Reise in
Dalmatien, Arch.-ep. Mitth., IX, 1885, S. 31 ff.), v. Schneider
findet unter der römischen Schichte in Dalmatien nur spärliche Reste
griechischer Kunstübung, verweist aber für die Einfuhr griechischer
Topfwaare in die illyrischen Länder auf Theopomp, Fr. 140 (Fragm.
hist. gr. I. ed. Müller) und Pseudo-Aristot.
[Greek text], c. 104. Zu seiner Bemerkung, dass (nach
Petter, Dalmatien, I, S. 136) wie in den letzten vorchristlichen
Jahrhunderten Dalmatien auch heute noch sein Thongeschirr aus
Apulien bezieht, darf ich vielleicht erwähnen, dass ich an der
Marina von Macarsca überrascht Haufen armseliger, halbglasirter
Thonlampen und Henkelnäpfchen zum Verkaufe ausgestellt sah, die von
daneben schaukelnden Trabakeln aus Unteritalien herübergebracht
waren.
Diese Bemerkungen mögen dazu dienen, den einzigen neuen Fund,
welchen unsere Probegrabungen auf dem Castellier von San Martino
geliefert haben — das Bruchstück eines grösseren rothfigurigen
(attischen?) Gefässes von schöner Zeichnung in besseres Licht zu
setzen. Der genannte Castellier hat eine ganz ähnliche Lage, wie
jener von Villanova. Ein Oblongum mit abgerundeten Ecken, circa 0.5
km lang, 0.3 km breit, erhebt er sich steil über dem innersten
Winkel des Porto Torre, 1.6 km nördlich von der Ortschaft Torre, in
deren Gebiet er [182] gehört. Die westliche Schmalseite ist dem Meere zugekehrt, an
der südlichen Langseite senkt sich der Weg von Torre zum Hafen, an
der nördlichen liegt eine enge Schlucht, an der östlichen
Schmalseite hängt der Hügel mit dem Nachbarterrain zusammen; hier
ist der Zugang und auch der obligate Wall. Der Castellier liegt in
der Einsenkung zwischen zwei grossen Höhenrücken, beherrscht aber
den Abstieg zum Porto Torre, von wo noch jetzt ein ziemlich reger
Verkehr (mit Holz und Steinen) nach Italien stattfindet. Der
unförmliche und sehr hohe, aus Steinen aufgethürmte Wall ist durch
die Anlage der neuen Fahrstrasse zum Hafen theilweise beseitigt
worden. Eine weitere Umwallung ist nicht zu bemerken, doch läuft um
den Hügel ein flacher, breiter Rand, der künstlich angelegt scheint.
Innerhalb dieser Randzone, welche allwärts Scherben von römischen
und prähistorischen Thongefässen, Quetschsteine u. dgl. enthält,
erhebt sich die felsige, jetzt grösstentheils mit Dorngestrüpp
bedeckte Hügelkuppe, deren höchste Stelle unfern des erwähnten
Walles von der unvollendeten Capelle San Martino eingenommen wird.
Von hier geniesst man einen weiten Ausblick über das Meer, das
Vorgebirge, die Quietomündung und das jenseitige Ufer bei Cittanova.
An dieser Stelle soll ehedem ein Friedhof gelegen haben. Beim
Baue der neuen Capelle wurden Gräber der Vermo-Pizzughistufe
aufgefunden, deren Inhalt, soweit er gerettet ist, in das Museum zu
Parenzo gelangte. Die Hauptstücke desselben sind: 2 mittelgrosse
Bronzesitulen, Fragmente einer Cista a cordoni; 1 flacher
Bronzedeckel (vielleicht von der Ciste); Bruchstücke schwarzer, mit
Bronzenägelchen (borchie) verzierten Schalen, die einzigen, die
bisher in Istrien gefunden wurden, dann Schlangen- und
Certosafibeln, mehrknöpfige Schmucknadeln, Drahtspiralrollen. Nach
den Fibelformen und der ebenso gut chronologisch bestimmten
Reifenciste gehören diese Gräber dem V. Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung, wahrscheinlich der II. Hälfte oder dem Ende desselben
an.
Ich Hess, im Vereine mit Herrn Bezirksarzt Dr.
Bernardo
Schiavuzzi, dem verdienten Vizepräsidenten der Società Istriana di
archeologia e storia patria, durch nur vier Arbeiter an fünf Stellen
des Castelliers Gräben ziehen. Zunächst an zwei Stellen in der
nördlichen Randzone. Unter der lockeren, circa 0.25 m tiefen
Ackerkrume, welche, wahrscheinlich in Folge ihrer Abschwemmung von
der zum Theile denudirten Hügelkuppe Bruchstücke römischer und
prähistorischer Thongefässe enthielt, zeigte sich eine metertiefe,
dichtere Humusschichte, in welcher sich bis zu 0.50 m Tiefe das
Gemenge prähistorischer und römischer Reste fortsetzte, worauf in
gleicher Mächtigkeit eine rein prähistorische Schichte folgte. Erst
hier in der Tiefe fanden sich die zwei Scherben eines rothfigurigen,
griechischen Gefässes, von welchen der eine Fig. 218 abgebildet ist.
Darunter trat der todte Schotterboden zu Tage. Noch weniger ergiebig
waren mehrere Stellen in der Nähe der Capelle, wohin die Arbeit dann
verlegt wurde, um eventuell noch Gräber der Hallstatt-Periode
aufzufinden. Hier war die Bedeckung des Felsbodens entweder sehr
schwach oder sie bestand in der Tiefe aus Steinschutt, über dem die
Erde nur unbedeutende Topfbruchstücke enthielt. Wenn nicht der
Zufall eine günstige Wendung herbeiführt, darf man demnach die
Culturschichte dieses Castelliers als nicht abbauwürdig bezeichnen.
Die Funde waren:
- Metall: 1 Victoriat ohne
Münzmeisternamen (Münzmeisterzeichen ein Eber); 2
Bronzeblechfragmente, das eine sehr stark, nicht von einem Gefässe;
1 dreikantige eiserne Pfeilspitze mit Dülle; 1 eiserner Schlüssel
mit Ring.
- Glas: Spitziger Boden eines kleinen
Gefässes.
- Thon: Bruchstücke römischer Amphoren mit
spitzem und kleinerer Gefässe mit flachem Boden; Reste
schwarzgrauer, stark gebrannter, henkelloser Drehscheibentöpfe mit
scharf profilirtem Rand und Umlauffurchen (römisches
Bauerngeschirr); Randstück eines ähnlichen Gefässes mit getupftem
Mundsaum; durchbohrte, blassgelbe Thonkugeln (Netzkugeln).
Dann aus älterer Zeit: Zwei Bruchstücke, wohl von einem und
demselben griechischen Gefässe (das nicht abgebildete ist etwas
stärker und zeigt nur den Rest eines breiten, rothen
Horizontalstreifens, sonst den gleichen innen und aussen etwas
verschiedenen schwarzen Firnissfarbanstrich). Auf dem einen Splitter
(Fig. 218) sieht man den Ueberrest einer Mantelfigur, dahinter ein
Stück von der Einrahmung des Bildes, rothes Band mit schwarzen
Innenlinien, zwischen welchen Reihen gegenständiger Epheublätter
erscheinen. Diese Einrahmung ist charakteristisch für die
Uebergangszeit vom schwarz-figurigen zum rothfigurigen Vasenstil,
wie sie etwa in den Amphoren des Nikosthenes unserer Anschauung
zugänglich ist. Demnach würde das Gefäss aus dem Anfange des V.
Jahrhunderts stammen. Bruchstücke riesiger, flacher (Back-?) Pfannen
mit niederem Rande; sehr grosser (Vorraths-) Gefässe mit
unförmlichen, [183] horizontalen Henkeln; feinerer, bauchiger Gefässe mit
ausgebogenem Rand und Reliefleisten; derbe, horizontale
Henkelstücke; Randstück einer Schüssel mit Tupfenleiste;
durchbohrte Topfscherben; Bruchstücke plumper, schlecht gebrannter
Thonringe und Thonkegel.
- Thierknochen und Seemuscheln.
Aehnliche Funde, wie wir oben vom Castellier von Villanova
nachgewiesen haben, bewahrt das Museum in
Parenzo u. A. vom
Castellier von Corridico im Gerichtsbezirke Mitteiburg (Pisino). Wir
nennen: 1 Bleiknopf (Schmucknadelkopf, wie aus Villanova und San
Dionisio), junghallstättische und La Tène-Bronzen (darunter eine
Thierfibel), sehr viel rohes oder bearbeitetes Hirschhorn,
Nähnadeln, Pfriemen, Hämmer, Harken aus Bein und Geweih, viele
Thonwirtel. Eine ansa lunata von echtem Terramaratypus ist aus
schwarzgrauem, buccheroartigem Thon, eine tiefe Schale hat gröbere
ansa lunata und Buckelchen auf dem Bauche. (Skizzen der beiden
letzteren Stücke gab ich Mitth. d. prähist. Comm., I, 3, 1893, S 97,
Fig. 9 und 10 (30). Dann bemerkten wir eine Reihe kleiner, ganzer
eimer- und urnenförmiger Gefässe mit Graffito-Zickzacklinien;
Bruchstücke reliefverzierter Thongefässe mit glatten Schlangen- und
Zickzack-Tupfenleisten; ein enorm dickes Randstück eines riesigen
Topfes mit Relief-Mäander; einen widderkopfförmigen Thongefässansatz
u. A.
Durch die Freundlichkeit des Herrn Cappellari erhielt die
prähistorische Sammlung des Hofmuseums anlässlich der oben
geschilderten Ausgrabungen einige kleinere, von dem Genannten in der
Umgebung von Verteneglio gesammelte Fundstücke, und zwar von
a) Smergo, Anhöhe (170 m hoch) zwischen Verteneglio und dem
Castellier von Villanova, 1. von der Strasse nach letzterem Orte;
sieben römische Kupfermünzen:
1. republ. As, verwischte Darstellung,
32.30 gr.
2. republ. As, Darstellung nicht erkennbar,
34.25 gr.
3. Vielleicht ein Semis, von der
Darstellung nicht das Geringste zu erkennen, 15.95 gr.
4. Ti. Claudius Caesar Aug. p. m. tr. p.
imp. p. p. Kopf n. r. — R. S. C. u. Krieger n. vorn, den behelmten
Kopf n. 1. gewendet, in der L. die Lanze, die R. im Redegestus
erhoben. Umschrift: Constantiae Augusti = Cohen, Claudius, n. 14
(11.2 gr.).
5. Numerianus. Kopf n. r. — R. Figur u.
principi juventut. = Cohen VI2 p. 376 n. 76.
6. Constantin M. Kopf n. 1. — R. Figur und
Soli invicto comiti.
= Cohen VII2 p. 291. n. 533.
7. Ganz unkenntlich gewordenes Stück.
Ferner eine frührömische Charnierfibel, ähnlich
Gurina (Taf. VI, Fig. 12), aber mit schlitzförmig durchbrochenem
Bügel, 55 cm lang; ein gegossenes Bronzebeschläge, 4.3 cm lang, und
einen hohlen, henkelbecherförmigen, blauen Glastropfen, 2.5 cm lang.
b) Baredine bei Crassiza, circa 3.5 km.
östlich von Verteneglio: eine römische Bronzemünze.
Imp. Caes. M. Aur. Sev. Alexander Aug. Büste des Kaisers mit
Lorbeerkranz. — R. Romae aeternae. Roma sitzend n. 1., mit der L.
das Scepter, auf der R. eine Victoria haltend, neben (hinter) der
Göttin ein Rundschild; im Abschnitte S. C. = Cohen, Alexander
Severus, n. 523. Sesterz, beschnitten.
Dann ein bronzener Schnallenring, kreisförmig, mit viereckigem
Dornrahmen, gekerbt, 6 cm lang, und ein gravirtes Zierbeschläge mit
Nietlöchern, 5 cm lang.
c) Einer Fundstelle zwischen Verteneglio
und Turini (letzterer Ort liegt nur 0.8 km westlich von dem
ersteren): Bronzener Delphin, rohe Arbeit, 7 cm lang.
d) Gromazzi, einem Castellier im
Gemeindegebiete von Verteneglio: Bronzene Glocke, eiförmig, mit
Ring, 7.5 cm hoch.
e) Pedrola, 1.5 km südlich von Verteneglio;
drei römische Bronzemünzen: 1. Titus mit provident. S. C. u. Altar,
Cohen 12 p. 444, vgl. n. 173—176. — 2. Antoninus Pius. — 3.
Marc Aurel (?). |
- Eine Uebersicht der Vorstufen
dieser letzteren, worauf natürlich nur in einem engeren Kreise
die Aufmerksamkeit gerichtet war, gibt
Amoroso (Atti e mem. d.
Soc Istr. 1884, S. 55). Der verdiente
Kandler kümmerte sich nur
um Römisches und hatte für prähistorische Funde kein Interesse.
Aber die Herren Cav.
Tommaso Luciani und Antonio Scampicchio
sammelten in
Albona aus der Umgebung dieses Ortes, dann aus
Fianona, Vermo,
Cherso, Corridico,
Pinguente, Ossero u. s. w.
eine grosse Menge prähistorischer Objecte, welche sie dann dem
archäologischen Provinzmuseum in
Parenzo überliessen.
Luciani
schrieb auch über seine Sammlung in dem Journal "La Provincia"
(Capodistria), Jahrgang XI, Nr. 1, und legte dem internationalen
Congress für prähistorische Archäologie und Anthropologie in
Bologna 1870 eine Reihe neolithischer Funde aus Istrien vor.
1871 besuchte dann, hiedurch angeregt, Capitän
Burton
den Castelliere "di Cunzi" bei
Albona, einen der ansehnlichsten
dieser Wohnplätze, und die Castelliere di Sant' Angelo, delle
Mordelle, dei
Pizzughi
und Moncastello bei
Parenzo, worauf er
seine unten noch zu nennende Arbeit über diese alten Wohnstätten
verfasste. — Für Besucher
Parenzos sei hier bemerkt, dass der
Castellier Sant' Angelo, 107 m hoch, nur 3.3 km südöstlich von
der genannten Stadt, einen guten Ueberblick der nächstgelegenen,
einst von solchen Ansiedelungen gekrönten Höhen, darunter der
drei
Pizzughi, die von dort nur mehr 2 km entfernt sind,
gewährt. (Monte Mordelle liegt dicht neben Monte Sant' Angelo.)
Nur muss man sich hüten, die natürlichen Felsmauern auf dem
Gipfel von Monte Sant' Angelo für cyklopische Werke zu halten,
welchen sie täuschend ähnlich sehen.
- Von San Dionisio stammt eine
Anzahl Funde im Museum
Parenzo, die hier, der Vergleichung
wegen, erwähnt werden mögen. Es sind: Fischwirbel, Seemuscheln,
rohes und angeschnittenes Hirschgeweih, Quetsch- und
Glättsteine, ein Schleifsteinfragment, einige Stückchen
Feuerstein, Beinpfriemen, das Bruchstück einer Bronzesichel, ein
zerbrochenes, schmales, bronzenes Flachbeil mit schwachen
Randleisten, zwei zusammengehängte Spiralringe aus Bronzedraht,
jeder circa 2 cm Durchmesser, deren Enden in kleinen
Spiraldisken zusammengerollt sind, Bronzenadeln, ein radförmiger
Bleiknopf (Schmucknadelkopf, circa 2 cm Durchmesser, die Nabe
bildet einen runden Buckel, von dem acht Speichen ausgehen), ein
Hirschgeweihkronenstück mit gravirter einfacher Punktverzierung,
dann eine Reihe von Thongefässen, die ganz andere Formen zeigen
wie die Töpfe des Castelliers von Villanova. Eine schöngeformte,
bauchige Amphora hat engen Hals und daran zwei ringförmige,
verticale Henkel. Ein weitmündiger Topf hat zwei kleine, etwas
emporstehende Henkel. Ein Töpfchen mit einem Buckel hat
zweitheiligen Henkel, wie einer aus Santa Lucia (Marchesetti,
Scavi 1886-1892, Taf. VI, Fig. 17). Eine feine, rothe, bauchige
Urne mit kurzem Halse und ausgebogenem Rande zeigt von
Kreislinien umrahmte Buckelchen. Ein derbes, becherförmiges,
rothes Henkelgefäss, tiefe Schalen mit spitzzulaufendem, hohem
Henkel, winzige Näpfchen von äusserst er Rohheit u A. sind
unverziert. Eine besondere Erscheinung sind mehrere lange,
konische oder trapezförmige Thonstiele, gross und schwer, mit
oder ohne Durchbohrung am breiteren (abgebrochenen) Ende,
zuweilen auch mit linearer Verzierung. Aehnliche Stiele kommen
zahlreich in der neolithischen Station von Butmir bei Sarajevo
vor, aber auch hier nur als Bruchstücke. Die Funde von San
Dionisio, welche zum Theile (namentlich die ganzen Thongefässe)
aus flachen Brandgräbern stammen, sind von denen, die unten
mitgetheilt werden sollen, so wesentlich verschieden, dass man
bei der geringen Entfernung zwischen beiden Wohnplätzen
verschiedene Altersstufen annehmen muss. Der Hauptsache nach
werden die Funde von San Dionisio älter sein als die von
Villanova. Jene gehören der Bronzezeit und der älteren
Hallstatt-Periode an, während die unten zu betrachtenden Funde
zumeist aus der jüngeren Hallstatt- und der La Tène-Stufe
stammen. Möglicherweise hat das Gesetz, welches die kleineren
Wohnplätze allmälig zu Gunsten der grösseren ihrer Bewohner
beraubte, schon in vorgeschichtlicher Zeit seine Wirkung geübt.
- Man schätzt die Alluvionen des
Quieto auf 1-1.5 m Höhe in jedem Jahrhundert (Benussi, l'Istria
sino ad Augusto, S. 14). — Mons.
Tomassini (=
1654) schreibt in seinen Commentarî stor.-geogr. della prov.
dell' Istria (Archeogr.
Triest. IV. 1837) lib. I., cap. 1, über
den Quieto: "già a memoria dei nostri padri le galere andavano
su otto o dieci miglia; ora però è paludoso ed innavigabile
disopra in gran parte".
-
Notes on the Castellieri or
Prehistoric Ruins of the Istrian Peninsula (Anthropologia I.
1874). Eine Uebersetzung in's Italienische von Nicolina de
Gravisi erschien
Capodistria 1877 (zuerst "Provincia" X,
1876, Nr. 22 bis XI, 1877, Nr.13).
-
Vgl.
De Franceschi,
l'Istria, Note storiche (Parenzo 1879), S.
19. — Kandler hatte auf seinen archäologischen Streifungen durch
Istrien nicht weniger als 321 Castellieri kennen gelernt. Er
verzeichnete dieselben in seiner grossen Karte der römischen
Fundorte Istriens, welche gegenwärtig im Archivio provinciale
aufbewahrt wird. Von der genannten Zahl entfallen 42 auf das
Territorium von
Triest und die Gerichtsbezirke Castelnuovo und
Volosca (das obere), 123 auf die Bezirke
Capodistria,
Pirano,
Pinguente,
Montona,
Pisino und
Albona (das mittlere) und 141 auf
die Bezirke Buje,
Parenzo,
Rovigno, Dignano und Pola (das untere
Istrien), 15 liegen auf den drei Inseln im Quarnero: Veglia,
Cherso und
Lussin, 8 davon allein auf
Cherso. Vgl. Amoroso, I
Castellieri istriani e la necropoli di Vermo (Atti e mem. soc.
Istr. 1884), S. 54.
- Aehnlicher Meinung ist
Amoroso,
1. c., S. 55 ff. Gegen
Benussi (l'Istria sino ad Angusto,
Triest
1883, S. 137), welcher, gestützt auf
Burton's Vergleichung der
Castellieri mit ähnlichen Wohnstätten in Anglesea, Wales,
Cornwall, Irland, also in altkeltischen Ländern, auch die
ersteren für keltische Gründungen hält, erklärt er das
Erscheinen der Kelten in den Ostalpen für ein zu junges
Ereigniss, um die Besiedelung der Castellieri daran zu knüpfen.
Er verweist auf das Fehlen typischer La Tène-Funde in den
Gräbern und auf den Anhöhen (vgl. jedoch die unten folgenden
neueren Funddaten) und meint vielmehr "che l'origine dei
castellieri va ricercata in quella remota età, in cui i prischi
abitanti dell' Istria abbandonarono le caverne e le palafitte,
le quali ultime ancora forse non avranno fatto difetto nelle
maggiori nostre valli del Quieto e dell' Arsa. E questo parmi a
sufficienza dimostrato dalle arme di pietra, quali le punte di
frecce, le scuri, le ascie ecc. e dai numerosi utensili di osso
lavorato, che vennero scoperti nei castellieri, i quali oggetti
in unione al più tardo materiale dei bronzi ed a quello delle
terrecotte, rappresentano meglio che un determinato stadio tutti
i vari gradi di civiltà, pei quali sono passati i popoli dell'
Istria attraverso un lungo volgere di secoli sino alla conquista
romana" — Es bleibt aber allerdings die Frage, ob die erste
Besiedelung der Höhen nicht einer früheren Zeit angehört, als
die Umwallung oder Escarpirung der Hügelränder. Dass die
ältesten Bewohner Istriens Troglodyten gewesen, war schon die
Meinung Luciani's, welche
Burton (More Castellieri I. The
Seaboard of Istria, Journal of Anthr. Inst. VII, S. 363)
bekämpft, wogegen Marchesetti, Boll. Scienc. Nat. IV, in seinem
Aufsatze über die Höhlenfunde von St. Daniel am Karst (S. 3 des
Separatabdruckes, N. 1) für dieselbe eintritt. Doch sind die
Höhlenfunde dieser Provinz von den Castellierifunden durchaus
nicht in ihrer Gänze zeitlich geschieden, sondern vielmehr zum
Theile evident gleichzeitig, zum Theile selbst noch jünger. Die
Vorstellung, dass sie einer älteren Stufe angehören müssten, ist
aus dem allgemeinen Gange der menschlichen Cultur abgeleitet und
wird von der Wirklichkeit ungemein häufig widerlegt, so z. B.
gleich im nahen östlichen Oberitalien, wo die Höhlenfunde sehr
oft den gleichen Charakter zeigen, wie die Funde aus Terramaren
und von bewohnten Anhöhen. Was aber das Verhältniss der
Castellieri zu den Pfahlbauten betrifft, so müssten, wie eben
das erwähnte italienische Nachbargebiet lehrt, auch die
letzteren, wenn sie in Istrien constatirt wären, durchaus nicht
einer Zeit entsprechen, welche vor die Besiedelung der
Castellieri fällt, da das Hausen auf Höhen oder über Gewässern
keineswegs einer temporären Neigung oder Gewohnheit, sondern
einem Sichanschmiegen an die natürliche Bodenbildung seinen
Ursprung verdankt.
- Nach Kiepert's Vermuthung (Lehrb. d. a. Geogr., S. 386. Anm.
4) stammt der Name Neapolis aus der Zeit der oströmischen
Herrschaft.
- Das Itinerarium Antonini
verzeichnet: Tergeste XXVIII Ningum XVIII Parentium XXXI Pola.
Die Distanz führt in die Nähe von Porto Quieto, wo — etwa bei
Grisignana oberhalb Villanova — eine Ueberfuhr über die
Flussmündung bestanden haben wird (Kandler, Not stor. di
Montona, S 22). Der Geogr. Rav., IV, 36, sagt: In Istria sunt
diversa flumina; inter caetera, quae dicuntur id est Rusano,
Argaone, Nengone et Arsa.
- Ueber die Geschichte dieser Meinung:
Kandler, De Istro
Adriaco und Benussi, l'Istria sino ad Augusto, S. 38. Merkwürdig
ist, dass der heutige Name Quieto erst in den letzten
Jahrhunderten aufgekommen ist oder vielmehr vom Mündungshafen
auf den Fluss übertragen wurde. In Karten des Mittelalters trägt
letzterer, nach Kandler, Not. stor. di
Montona, S. 22, den Namen
Laime oder Layme, eine allgemeine Bezeichnung für ein
wasserführendes, im Gegensatze zu einem trockenen Thale, welche
am Canal di Leme und an anderen Punkten Istriens (bei
Rovigno,
Buje etc.) noch heute haftet.
-
Die Regulirung der Hauptflüsse Arsa und Quieto und die
Assanirung der Fiebergegenden sind Aufgaben, welche ebenso hohe
Aufmerksamkeit erfordern, wie die Hebung der Culturen, durch
welche die Hauptproducte der Halbinsel, Wein und Oel, gewonnen
werden. Die istrischen Reben bedürfen der Veredlung, der Oelbaum
besserer Pflege und die Zucht der Baumfruchte überhaupt
grösserer Fürsorge, wenn die Landesproducte nicht einer
fortschreitenden Entwerthung entgegengehen sollen.
- Zippel, Die römische Herrschaft
in Illyrien, 8. 101 ff.
- Eine epigraphische Bestätigung
des Berichtes brachte 1892 die Entdeckung eines neuen Fragmentes
der Triumphalfasten (Not. d. Scavi 1892, S. 410 f). Es schliesst
sich an ein 1888 ebenfalls im Tiberbett gefundenes Fragment an
und man liest jetzt: "L. Claudius, Ap. f. P. n. Pulcher Cos.
ann. DLXXVI de Histreis et Liguribus."
- Die Publication wird sechs Tafeln
enthalten: 1. Thongefässe localer Fabrikation; 2. solche mit
feineren Verzierungen; 3. Thongefässhenkel; 4. Artefacte aus Knochen
und Thon, Bleiknöpfe, Bronzeschmuck; 5. Urne mit Thierfiguren en
relief und Thondeckel mit Hakenkreuz und Spiralen; 6. Funde vom
Castellier San Dionisio am Quieto: Thongefässe, Bleiknopf, Bronzen,
darunter ein Flachbeil mit Randleisten.
- Ans jüngeren (nach Amoroso's Publication
erfolgten) Ausgrabungen in den
Pizzughi-Nekropolen sah ich im
Museum
Parenzo
die Bruchstücke einer thönernen Situla, an welcher die
abwechselnd rothen und schwarzen Bänder nicht horizontal um das
Gefäss herum-, sondern vertical vom Rande zum Fuss herablaufen.
Die regelmässige Anordnung zeigen acht Stücke im Museum
Parenzo (Amoroso, Taf. III, Fig. 6).
-
Marchesetti,
Scavi di Sta. Lucia
1885-1892, S. 260, N. 1, citirt vom Castellier von Villanova
Brillenspiralfibeln mit und solche ohne 8-förmiges Mittelstück,
sowie ein Stück mit vier in's Kreuz gestellten Spiralen.
Andere istrische Brillenfibeln stammen von
Vermo und Ossero
(sehr gross mit untergelegtem Blechband, Museum
Parenzo). An den
Pizzughi fehlt dieser Typus.
- Eine Armbrust-Certosafibel von diesem Castellier erwähnt
Marchesetti, 1. c., S. 250. Ueber die starke Verbreitung der
Certosafibel in Istrien (in Sapiane und Jelsane ist sie die einzige,
die überhaupt vorkommt), siehe ebenda, S. 248.
- Eine solche Fibel ist Bull, di pal. Ital, X, Taf. III, Fig. 7,
abgebildet und verdient hier Erwähnung, weil sie aus der Gegend von
Catanzaro in Calabrien stammt, wo man diese Form wohl nicht suchen
würde. Sie erscheint mehrmals in La Tène - Gräbern von Jezerine
(Glasnik, Sarajevo, V, Taf. XII, S. 295, Fig. 8; vgl. XI, Fig. 9;
vereinzelt auch in Prozor, Hercegovina (ebenda S. 312, Fig. 1, 3),
in Prozor, Croatien (Ljubić, Popis I, 1. Taf. XIX, Fig. 72), in
Gräbern von Idria di Bača neben Sachen, die schon römischen Einfluss
verrathen, in der namentlich Mittel- und Spät-La Tène-Fibeln
enthaltenden Chiusura Baratela bei Este (Not. d. Scavi 1888, Taf.
XIII, Fig. 4. Vgl. ebenda Fig. 3 mit unserer Fig. 200, Fig. 8 mit
unserer Fig. 204) und in bojischen Wohnstätten bei Bologna (Zannoni,
Arcaiche Abitazioni di Bologna, Taf. XXIII, Fig. 42.)
- Die runde Bügelplatte bei Fig. 205 ist genetisch aus der in
der späteren Entwicklung der La Tène-Fibel mit dem (hier
dreieckigen) Bügel verschmolzenen, verzierten Scheibe am Ende
des zurückgebogenen Fusses zu erklären. Ein ganz ähnliches Stück
aus Meclo siehe in diesen Mitth, Bd. XV, Taf. IV, Fig. 31, ein
vollkommen gleiches aus dem Fondo Baratela bei Este, Not. d.
Scavi, 1. c., Fig. 10. (Auch Fig. 11 ebenda ist sehr ähnlich,
nur etwas abweichend gravirt und mit langer Armbrustspirale.)
-
Doppelnadeln kennen wir während der ersten
Eisenzeit (einige bronzezeitliche stammen aus Pfahlbauten von
Peschiera, aus dem
Bieler See, von Stäffis u. a. O.) nur aus dem ostadriatischen
Gebiet und von der Balkanhalbinsel, d. i. aus Sta. Lucia, Villanova
di Quieto,
Pizzughi im österreichischen Litorale,
Sissek und Prozor in Croatien, Blatta auf Curzola und
Borović bei Metković in
Dalmatien, Glasinac, Jezerine und Debelo-brdo bei Sarajevo in
Bosnien (zahlreich), Bilek, Stolac und Rakitno in der
Hercegovina, Dodona in Albanien, Tanagra und Theben in Böotien
(vgl. Mahchesetti, 1. c., S. 267). Die genannten mannigfach
verschiedenen Stücke sind vielleicht Nachkommen einer Stammform,
aus der in äusserst fruchtbarer Abzweigung die Urfibel mit
gestrecktem Drahtbügel hervorgegangen ist.
- Noch näher steht Vermo, Moser, Taf. IV, Fig. 2, ebenso
aus Eisen und Bronze zusammengesetzt.
- Halsringe fehlen in den Gräbern von Vermo und
Pizzughi, aber
in der Nekropole des Castelliers Sta. Catterina bei Jelsane enthält
fast jedes Grab eine (jedoch stets glatte) Torquis.
- Aus der
Pizzughi-Nekropole stammt ein grösseres beckenförmiges
Siebgefäss.
-
Mit Ausschluss der römischen Gefassbruchstücke, die keine
locale Besonderheit darbieten, als dass neben vielen Fragmenten
spitzfüssiger Amphoren, einigen Scherben flaschenförmiger
Henkeigefasse, kleinerer Schalen u. dgl., sowohl terra sigillata als
das bekannte schwarzgraue Bauerngeschirr zu fehlen
scheint.
- Aus Vermo sah ich im Museum
Parenzo mehrere äusserst rohe
Thonarbeiten, die als Herdgeräthschaften gedeutet werden können. So
eine ungemein plumpe und schwere Schale mit drei zapfen formigen
Füssen, sicher kein Gefäss,b) Gefässe. Wir unterscheiden: I. Grobe
Gebrauchsgefässe. II. Feiner geformte und entsprechend verzierte
Gefässe. III. Grabgefässe. Die Classen I. und II. sind fast nur in
Bruchstücken, aber in grosser Zahl erhalten, von I. geradezu
unzählbare Massen. Es konnte nur eine Auswahl derselben conservirt
werden, aber auch diese bildet noch eine erdrückende Menge.
Jahrhunderte müssen dahin gegangen sein, während dieser unbrauchbar
gewordene Hausrath zur Ablagerung gelangte. Die sondern blos der Untersatz für ein solches; dann einen circa 16
cm hohen, runden Ständer (oben abgebrochen, unten erweitert) mit
einer Aushöhlung im Centrum der Basis; zu dieser inneren Aushöhlung
fuhren schräge Canäle von drei etwas höher angebrachten Löchern;
endlich zwei Thonringe von ungewöhnlicher Grösse und Schwere.
-
Dass auch Töpfe solche Henkel haben, zeigt
Vermo, Moser, Taf.
III, Fig. 62. Ein besseres Gefäss mit zwei solchen Henkeln von dort
im Museum
Parenzo, Nr. 23.
- Ich werde demnächst in einer grösseren Arbeit zu zeigen
suchen, dass man — entgegen der Ansicht
Marchesetti's — schon jetzt sehr wohl eine ältere und eine jüngere
Gräberschichte von Sta Lucia unterscheiden kann und dass sich
dieselben, bei mancher Verschiedenheit im Einzelnen, zu einander
im Allgemeinen so verhalten, wie die Schichten II und III bei
Este.
- Nach der gefälligen Bestimmung durch Herrn Professor Dr. J. W.
Kubitschek, der auch die Freundlichkeit hatte, die am Schlüsse
dieses Aufsatzes angeführten Münzen aus einigen anderen Fundorten in
der Umgebung von Villanova zu bestimmen.
- Weiter südlich kommt diese Form einmal in der Gegend von
Perugia vor (Montelius, Spännen, S 186, Fig. 188), ein zweites
Exemplar befindet sich im Museum Reggio. Tischler bezweifelt
(Gurina, S. 26), dass dieser "nordisch-pannonische" Typus in alter
Zeit nach Italien gekommen sei. Das wiederholte Erscheinen in
Istrien spricht doch wenigstens für die Möglichkeit dieser Annahme.
- Die Fauna des Castelliers von Villanova
umfasst folgende Nahrungsthiere: Hirsch (sehr viele
Geweihstucke, dann Schädelfragmente, Klauen und andere
Knochentheile). — Reh (Geweihfragmente, zum Theile mit
Hiebspuren, darunter ein 16 cm langes, sehr gerades und
spitziges Stuck, das vielleicht als Werkzeug gedient hat). —
Rind (viele Hornzapfen und Zähne einer kurzhörnigen Rasse). —
Schaf (mehrere Hornzapfen, einer davon in der Mitte glatt
abgesägt). — Ziege (Knochen und viele Hornzapfen, zum Theile mit
Schnittspuren). — Bezoarziege (? Hornzapfen). — Kleines Pferd
(Zähne). — Schwein (viele Zähne). — Fische (Wirbel). — Schnecken
und Muscheln (Gehäuse und Schalen von Murex brandaris, Cerithium
vulgatum,
Pectunculus pilosus, Cardium edule, Spondylus gaederopus, Patella
und Tapes. — Ostraea edulis wurde, wohl nur durch Zufall, nicht
hier, hingegen auf dem Castellier San Martino gefunden). Zwischen
diesen Thieren und jenen, welche schon in der neolithischen Zeit von
den Anwohnern der oberen Adria gehalten, gejagt, gefangen oder
aufgesammelt wurden, ist kein wesentlicher Unterschied; vgl. z. B.
die Liste der Nahrungsreste aus der Theresienhöhle bei Duino, Mitth.
d. prähist. Comm. d. kais. Akad. d. Wiss., I, 1, S. 14 f.
-
Die Schale Fig. 10 scheint eine plumpe Nachahmung estensischer
Thonschalen mit ähnlichem Henkel wie Soranzo, Scavi Nazari, Taf. I,
Fig. 4 (vgl. Not. d. Sc. 1882, Taf. IV, Fig. 16).
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Created: Thursday, June 30, 2011; Last updated:
Monday January 31, 2022
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